§ 70. Die Verwaltung. Einleitung. 591
die Rechtsstellung eines Privatmanns zukam, war das Gericht
nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Über die Verjährung im öffentlichen Rechte vgl.
L. 1 § 61 Anm 1 und a 1 8, I; RG. 78 202; OG. 50 415,
52 409.
3. In der Praxis erweckt die Behandlung der nachstehenden
Jälle vielfach Zwe fel.
a. Ob Verzugszinsen von jeder öffentlichrechtlichen
Geldzahlung gefordert werden können, ist außerordentlich streitig.
Die Frage wird nicht allgemein bejaht werden können. Fleiner
weist bezüglich rückständiger öffentlicher Abgaben zutreffend darauf
hin, daß die Zinspflicht eine Erweiterung der Abgabenpflicht
enthalte und deshalb, wie die Hauptpflicht selbst, der gesetz-
lichen Grundlage bedürfe. Dieselbe Frage entsteht bei der Rück-
forderung von Abgaben. Soweit der Anspruch im Rechtswege
verfolgbar ist, wendet das Reichsgericht darauf die allgemeinen
Vorschriften des BGB. über Schuldverhältnisse, insbesondere
über Verzug an, oder die Vorschriften über die ungerechtfertigte
Bereicherung, Be#B. §§ 818, 819 i. V. mit 8 291 (vgl. Recht 13
Nr. 2851, 2866, RG.. 54 27, sowie RGZ. 80 374 über die Praxis
des OV.): ähnlich sind in R63. 42 121 dem Beamten Verzugs-
zinsen neben seiner Gehaltsforderung zuerkannt — m. a. W.:
weil hier bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (wenn auch nur im for-
mellen Sinne) vorliegen, hält das Reichsgericht die Anwendung
auch des materiellen bürgerlichen Rechts für geboten, eine wenig
überzeugende Schlußfolgerung. Über den Abzug von Zwischen-
zinsen (L. II § 13 b 20) bei vorzeitiger Zahlung des zweiten
und letzten Drittels des Wehrbeitrags s. Wehrbeitrags G. 8 51 II.
8. Die Aufrechnung privatrechtlicher Forderungen gegen
öffentlichrechtliche muß, soweit keine besonderen Vorschriften be-
stehn, als unzulässig gelten (vgl. OVG. 56 130; DJ3Z. 12 1519,
aber auch RG# 77 411). Manche wollen eine Ausnahme machen,
falls beide Ansprüche im gleichen Verfahren verfolgbar sind
(vgl. noch RG Z. 80 372; 82 212; Recht 12 Nr. 630).
J. Auch die Bestimmungen der §8 273 f. BGB. über das
Zurückbehaltungsrecht können nicht ohne weiteres auf
öffentlichrechtliche Verhältnisse übertragen werden, zumal die
der öffentlichen Gewalt zur Verfügung stehenden Zwangsmittel
besonders geregelt sind (vgl. S. 652). Als unstatthaft ist daher
erklärt worden die Zurückbehaltung der Entlassungsurkunde
wegen der Stenerrückstände des aus dem Staatsverbande zu
Entlassenden (OVG. 15 405), und ebenso wäre es unzulässig,
wenn ein Beamter die in seinen Händen befindlichen Dienst-
akten wegen Nichtzahlung des Gehalts einbehalten wollte. Da-
gegen läßt die Praxis die Einbehaltung der Beamtenpension
bis zur Rückgabe der Dienstkleidung oder des Gehalts (auch des
unpfändbaren Teils) mit Rücksicht auf einen Defektenbeschluß
(S. 649) zu. Über den Verzicht gegenüber suspendierten Ju-
stizbeamten s. RG. im Recht 13 404. Vgl. noch RGZ. 83 138.
Heilfron, Staats und Verwaltungsrecht. 37