Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 77. Die Staatsverwaltung und staatliche Selbstverwaltung. 603 
erlassenen Gesetze vielfach zum Ausdruck gebrachten, seit 
der Entwicklung der konstitutionellen Monarchie aber nur 
einen geringfügigen Einfluß ausgeübt, wenngleich er in 
neuerer Zeit (1890 zwecks Begutachtung der Arbeiter- 
schutzgesetzgebung) wieder berufen wurde. Auch 1848 bis 
1852 war er außer Tätigkeit gesetzt. 
Er tagt in einer „engeren Versammlung“ und in 
einer „Plenarversammlung“. Er hat insbesondere Ent- 
würfe zu Gesetzen und Verordnungen zu begutachten. 
Der Staatsrat besteht: 
a. aus den volljährigen, also mehr als 18 Jahre alten 
Prinzen (oben S. 563) des Kgl. Hauses, und zwar gehören 
diese ihm — im Gegensatze zum Herrenhause, S. 567 — ipso iure, 
ohne daß sie dazu berufen werden, an; 
8. aus gewissen, auf Grund ihres Amtes berufenen 
Staatsbeamten (Minister, Feldmarschälle, der Präsident 
der Oberrechnungskammer, der Geheime Kabinettsrat, der Chef 
des Militärkabinetts sowie kommandierende Generale und Ober- 
präsidenten, soweit sie in Berlin anwesend sind);: 
J. aus gewissen, durch besonderes Vertrauen vom Könige 
dazu berufenen Mitgliedern. 
Vorsitzender ist der König oder ein von ihm ernannter 
Präsident; zurzeit fehlt ein solcher, ebenso wie der mit der Ge- 
schäftsführung betraute Staatssekretär. 
4. Das Geheime Kabinett. 
Seitdem mit der Stein-Hardenbergschen Reform der 
namentlich unter Friedrich Wilhelm II. stark hervortreten- 
den „Kabinettsregierung“ und damit dieser Be- 
deutung des Kabinetts ein Ende gemacht worden ist, hat das 
Kabinett heute lediglich die Aufgabe, den formellen Ge- 
schäftsverkehr zwischen dem König und den übrigen Behör- 
den, insbesondere den Ministern, zu vermitteln. Das Ka- 
binett zerfällt in drei Abteilungen: das Zivilkabinett 
(1810), an der Spitze ein „Geheimer Kabinetts- 
rat“, für die Zivilangelegenheiten, das Militär- 
kabinett (1810) für die militärischen Angelegenheiten 
einschließlich der Personalien mit einem „Chef des Mi- 
litärkabinetts“, das Marinekabinett (1889) 
mit der entsprechenden Aufgabe, an der Spitze ein „Chef 
de3 Marinekabinetts“. Für die von dem Ge- 
heimen Kabinett gleichzeitig mitzubearbeitenden Reichs- 
angelegenheiten zahlt das Deutsche Reich ein Aversum,
	        
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