Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 83. Staatliche Finanzverwaltung. 685 
1) Ein Einnahme bewilligungsrecht steht dem 
Landtage grundsätzlich nicht zu. Steuern und Abgaben 
für die Staatskasse dürfen freilich nach Pr Vu. Art. 100 
nur erhoben werden, soweit sie in den Staatshaushalts- 
etat ausgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet 
sind. Einmal bestehende Steuern und Abgaben werden 
aber nach Art. 109 forterhoben, bis sie durch ein Gesetz 
abgeändert werden; ihre Erhebung ist also auch dem 
Landtage gegenüber nicht von der Aufnahme in den Etat 
abhängig, wenn diese auch regelmäßig erfolgt. Ebenso 
folgt aus Kompt G. 8§ 21, wonach in den Staatshaus- 
haltsetat auch Erlöse aus der Veräußerung beweglichen 
oder unbeweglichen Staatseigentums aufzunehmen sind, 
keineswegs, daß die Veräußerung von Staatseigentum 
zur zivil= oder staatsrechtlichen Wirksamkeit der Zustim- 
mung des Landtags bedarf. Sie ist vielmehr im Ver- 
waltungswege zulässig, soweit nicht Sondervorschriften 
bestehen (vgl. L. III Anh. II B C). 
Unter Abgaben i. S. des Art. 100 sind euntsprechend 
der vorkonstitutionellen Sprechweise, aber abweichend von der 
jetzigen Begriffsbestimmung (S. 460) nur die indirekten Steuern 
zu verstehn, also nicht Gebühren. Letztere können zwar nach 
Art. 102 von Staats= oder Kommunalbeamten auch nur auf 
Grund des Gesetzes erhoben werden. Die herrschende Ansicht 
bezieht dies jedoch nur auf die sog. Dienergebühren oder 
Sporteln, d. h. die den Beamten selbst zufließenden Ge- 
bühren, nicht auch auf die Fiskusgebühren, die viel- 
mehr grundsätzlich durch Kgl. Verordnung eingeführt werden 
können. Das Recht auf Gebührenerhebung kann auch weiter 
verliehn und die Verleihung delegiert werden (vgl. die Kgl. 
Erlasse vom 4. September 1882 und 28. Januar 1908 und 
KAG. 85, sämtlich die Verleihung des Rechts auf Erhebung 
von Verkehrsabgaben, wie Brücken-, Chausseegeld, betreffend). 
In zahlreichen Fällen ist die Gebührenerhebung heute aller- 
7*7 durch Reichs= und Landesgesetze geregelt (Gerichtskosten 
usw.). 
2) Auch ein unbeschränktes Ausgaben bewilli- 
gungsrecht des Landtags ist richtiger Ansicht nach nicht 
anzuerkennen, insofern dieser notwendige Ausgaben 
(3. B. auf Grund des Richterbesoldungsgesetzes oder einer 
berchtlicen Verurteilung des Fiskus) nicht verweigern 
arf. r 
3) Über die Bedeutung des Etatsgesetzes für die Ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.