Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

686 §s 83. Staatliche Finanzverwaltung. 
antwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Landtage 
vgl. das S. 458 über den Reichshaushaltsetat Gesagte 
sowie S. 604 und Pr Vll. Art. 104: „Zu Etats-Uberschrei- 
tungen ist die nachträgliche Genehmigung der Kammern 
erforderlich.“ Gesetzesform ist nicht vorgeschrieben. 
Etatsüberschreitungen sind nach § 19 des Ober- 
rechnungskammerG. vom 27. März 1872 (in der Fassung des 
Ges. vom 22. März 1912) alle Mehr ausgaben, die gegen 
die einzelnen Kapitel und Titel des Staatshaushaltsetats oder 
gegen die vom Landtage genehmigten Titel der Spezialetats 
(S. 683) stattgefunden haben; ausnahmsweise können bei „über- 
tragbaren“ Titeln die Mehrausgaben bei dem einen durch 
Minderausgaben bei dem andern ausgeglichen werden und bei 
bestimmten Titeln die Mehrausgaben in den kraft ausdrücklicher 
Anordnung dem Ausgabesoll zufließenden Einnahmen ihre 
Deckung finden. 
Die Nachweisung der Etatsüberschreitungen i. e. S. und 
der außeretatmäßigen Ausgaben (vgl. oben S. 459) ist jedes- 
mal im folgenden Jahre dem Landtage zur Genehmigung vor- 
zulegen (vgl. noch Kompt G. § 47 II). Die Erinnerungen der 
Rechnungslegung werden durch diese Genehmigung nicht berührt 
(Oberrechnungskammer G. § 19 III, s. auch oben S. 478). 
2. Die Einnahmen des Staats. 
In Anerkennung des früheren Rechtszustands (vgl. oben 
S. 166) bestimmt § 18 des Kompt ., daß von der Einziehung 
der dem Staate zustehenden Einnahmen nur im Einzelfall und, 
abgesehn von der Unmöglichkeit der Einziehung, nur auf Grund 
gesetzlicher oder königlicher Ermächtigung abgesehen werden darf 
und nur unter gleicher Voraussetzung vereinnahmte Beträge 
zurückerstattet werden dürfen. Über Aufhebung der von den 
Behörden abgeschlossenen Verträge zum Nachteile des Staats 
s. Kompt G. § 37 III, über Nichteinziehung von Beträgen, die an 
öffentliche Kassen zu wenig ein= oder von ihnen zu viel aus- 
gezahlt sind, OberrechnungskammerG. § 17"# (eingefügt durch 
PrE. vom 22. März 1912), über Niederschlagung von Defekten 
unten S. 701. 
a. Steuern. 
Die wichtigsten Einnahmen des Staats fließen — 
außer aus den Staatseisenbahnen (S. 698) — aus der 
Erhebung der Steuern. Über Begriff und Ein- 
teilung der Steuern und ihren Unterschied von Ge- 
bühren vgl. oben S. 460. 
Die erste Regelung des Steuerwesens erfolgte in Preußen 
durch das Finanzedikt vom 27. Oktober 1810, dem in den nächsten 
Jahren verschiedene Gesetze zur weiteren Vereinheitlichung der 
Besteuerung unter Berücksichtigung des im 19. Jahrhundert 
 
	        
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