56 § 8. Der Zweck des Staates.
a. Die relativen Theorien (JFellinek) gehen davon
aus, daß zunächst (negativ) die Grenzen der
Staatstätigkeit umschrieben werden müssen. An sich
könnte der Staat kraft seiner höchsten Gewalt (S. 23 f.)
in jedes Lebensverhältnis ordnend eingreifen. Er würde
damit aber unzweckmäßig, d. h. unpolitisch, handeln.
Die nachfolgenden Leitsätze entsprechen der herrschenden
Meinung; wie sie im einzelnen in die Wirklichkeit um-
gesetzt werden, kann natürlich zweifelhaft sein.
a. Der Staat hat nur solche Bereiche an sich zu
ziehen, die durch die Tätigkeit des einzelnen oder der
privatgenossenschaftlichen Vereinigung nicht vollwirksam
bearbeitet werden können; er hat sich daher nur sub-
sidiär zu betätigen, wenn Kulturzwecke nicht anders als
durch sein Eingreifen erreicht werden können. Soweit
hiernach seine Betätigung berechtigt ist, kann er das
betreffende Gebiet sich entweder ausschließlich vor-
behalten (Verteidigung und Vertretung nach außen,
Monopole) oder ordnend, unterstützend, abweh-
rend eingreifen.
b. Der Staat hat sich aller Einwirkungen auf
das Innenleben seiner Untertanen (in religiöser,
sittlicher, gesellschaftlicher Beziehung) zu enthalten,
vielmehr nur äußerliche Betätigungen in den Kreis seiner
Anordnungen zu ziehen; denn ihm fehlt die Möglichkeit
jeder Durchsetzung seiner das Innenleben betreffenden
Gebote. Für dieses gibt es nur die Gebote (Stammler:
zubenbentiomalrgeln! denen jeder sich freiwillig unter-
wirft.
c. Der Staat ist nicht dazu da, wirtschaftliche
Werte hervorzubringen: er hat dies den Indivi-
duen und wirtschaftlichen Vereinigungen zu überlassen
und sich auf die Unterstützung dieser wirtschaftlichen Be-
strebungen mit den ihm zu Gebote stehenden Machtmit-
teln (Schutzzoll) zu beschränken.
8. Als Zwecke des modernen Kulturstaates
werden in der Regel die folgenden bezeichnet:
a. Die Staatspflege, mit den Unterabteilungen:
der Sicherung des äußeren Bestehens des
Staates (Heer, Polizei, Strafrechtspflege);