Schwaben zur Zeit der Carolinger, 788—911. 31
bei den immerwährenden Kriegen verwüstet; jugendliche Er—
ziehung wurde vernachlässigt, der Unterricht in den Schulen
äußerst dürftig betrieben; es konnte daher Unwissenheit und mit
dieser Verwilderung und Rohheit der Sitten nicht abgewehrt
werden. Gesetze und Gerichtswesen litten an verderblichen Ge-
brechen, die bei den beständigen Einfällen barbarischer Völker
und bei den einheimischen Familienzwisten der Regenten nicht
entfernt werden konnten. Häufig maßte man sich an, in eigener
Sache selbst den Richter zu spielen und übte nach Willkür Rache
an seinem Beleidiger. So entstand, so verbreitete sich das so-
genannte Faustrecht. Dies war ein unglückseliger Zustand,
der leider mehrere hundert Jahre dauerte.
B. Schwaben bis zur Zeit der Herrschaft der
Carolinger über Gayern, v. 788—911.
Schwaben war zur Zeit der Herrschaft der Carolinger ein
Theil ihres mächtigen Frankenreiches. In Alemannien erscheinen
schon unter Pipins Regierung die beiden Grafen Warin
und Roudhart, und das Land stand, so lange die Nachkommen
Carls über dasselbe herrschten, unter der Aufsicht von Kammer-
boten (Sendgrafen.) Diese strebten aber nach und nach bei
der Schwäche der Regierung unter den Carolingern, die Un-
abhängigkeit wieder zu erringen. Die Kammerboten wurden
durch ständige Ausübung der obersten Gerichtsbarkeit besonders
mächtig und einflußreich. Aus solcher Stellung war der Ueber-
gang in die eines Herzogs nicht schwer. Als nun die Macht
der Carolinger in ganz Deutschland zu Ende ging, da erhob
sich auch wieder das Herzogthum Schwaben. Die ersten
Versuche der Kammmerboten mißlangen jedoch. Graf Bur-
kart, welcher die Zeit, als im Jahre 911 König Ludwig,
das Kind, starb, für die passendste Gelegenheit hielt, sich
zum Herzog aufzuschwingen, wurde in einer Volksversammlung
ermordet. Die folgenden 2 Kammerboten hatten beinahe glei-
ches Schicksal.)
*) Diese Kammerboten waren Erchanger und Berchtoldz; sie ver-
folgten denselben Plan, und kamen hierauf mit dem neu gewählten