32 Die Kreuzzüge.
selbst verleugne, das Kreuz nehme und zur Eroberung der
heiligen Stadt eile. Begeisterung ergriff Hunderktausende. Sie
strömten zusammen, hefteten ein Kreuz von rothem Tuche auf
die rechte Schulter, ergriffen die Waffen und schlossen sich dem
Zuge an. Wegen ihres Kreuzes auf der Schulter hießen sie
Kreuzfahrer und ihre Züge die Kreuzzüge. Der erste
dieser Kreuzzüge, welchen Gottfried von Bouillon an-
führte, zählte nicht weniger als 300,000 Streiter. Nach vielen
Mühseligkeiten, Beschwerden und Gefahren und nach großem
Verluste gelangte im „Jahre 1099 das Heer nach Palästina.
Wie glücklich fühlten sich Alle, als sie das erste Mal das heil.
Land betraten, und welcher Jubel entstand, als sie bald hierauf
vom Oelberge herab die Stadt Jerusalem mit ihren hohen
Thürmen und Mauern vor sich liegen sahen!
Aber sie hatten noch harte Kämpfe zu bestehen. Die
Türken behaupteten sich in der Stadt mit vieler Tapferkeit.
Endlich erstürmten die Christen denn doch die Mauern und
zogen am 15. Juli 1099 siegreich in Jerusalem ein. Das
heil. Grab war nun wieder frei. Der fromme Held Gott-
fried von Bouillon wurde zum Könige erkoren. Er aber
sprach demüthig: „Das verhüte Gott, daß ich eine irdische
Krone trage, wo mein Heiland mit Dornen gekrönt worden
ist,“ und nannte sich blos „Schirmvogt des heiligen Grabes.“
Dies dünkte ihm die höchste Ehre.
Im ersten Jahre des zwölften Jahrhunderts nahm selbst
der betagte Herzog Welf I. das Kreuz und zog mit dem Heere
von 160,000 Kreuzfahrern, die aus allen Ländern zusammen-
strömten, nach dem gelobten Lande. Irregeführt von Weg-
weisern, die sie aus Griechenland mitnahmen, verschmachteten.
die meisten in den großen, sandigen Wüsten; die meisten übrigen
wurden durch das Schwert der Sarazenen getödtet. Von dem
ganzen Heere kamen nur einige Hunderte nach Zerusalem.
Herzog Welf langte zwar auch mit den Wenigen am heil.
Grabe an; aber bei der Heimreise erlag er auf der Insel
Cypern einem hitzigen Fieber im Jahre 1101.