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Wahl und Weihe des Königs.
Um 1230.
Quelle: Sachsenspiegel III, 52, 1 und III, 57, 1 und 2.
Übertragung aus Julius Weiske a. a. O. S. 111 und 114.
Art. 52. * 1. Die Deutschen sollen von Rechts wegen den König wählen.
Wenn er von den Bischöfen, die dazu gesetzt sind, geweihet wird und auf den
Stuhl zu Aachen kommt, so hat er königliche Gewalt und königlichen Namen.
Wenn ihn der Papst weihet, so hat er des Reiches Gewalt und kaiserlichen
Namen.
Art. 57. # 1. Den Kaiser darf weder der Papst, noch sonst jemand bannen,
nach der Zeit, da er geweiht ist, außer wegen drei Sachen: wenn er am Glauben
zweifelt oder sein eheliches Weib verläßt oder Gottes Haus zerstört. § 2. Bei des
Kaisers Kur soll der erste sein der Bischof von Mainz, der zweite der von Trier,
der dritte der von Köln. Unter den Laien ist der erste an der Kur der Pfalzgraf vom
Rheine, des Reiches Tiuchseß, der zweite der Herzog von Sachsen, der Marschall,
der dritte der Markgraf von Brandenburg, des Reiches Kämmerer. Der Schenke
des Reiches, der König von Böhmen, hat keine Kur, weil er nicht deutsch ist.
Nachher küren des Reiches Fürsten alle, Pfaffen und Laien. Die als erste an
der Kur genannt sind, die sollen nicht wählen nach ihrem Belieben, sondern wen
alle Fürsten zum Könige erwählen, die sollen sie zu allererst mit Namen küren.
62.
Die Anerkennung der Landesherrlichkeit der Fürsten durch Friedrich II.
1232.
Quelle: Gesetz zugunsten der Fürsten (Statutum in favorem principum)j..
Ülbersetzung: Erler a. a. O. Rd. 2. S. 666—669.
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit Friedrich der Zweite,
durch die Gunst der göttlichen Gnade Kaiser der Römer und jederzeit Mehrer des
Reichs, König von Jerusalem und Sizilien.
Wir erhöhen den erhabenen Sitz unseres Reiches und ordnen in aller Ge-
rechtigkeit und im Frieden die oberste Leitung des Reiches, wenn wir auf die
Rechte unserer Fürsten und Großen mit gebührender Fürsorge Rücksicht nehmen;
denn wie das Haupt auf den stattlichen Gliedern sich erhebt, so ruht in Kraft
unser Reich auf jenen und gedeiht, und solche Erhabenheit kaiserlicher Größe lenkt
1) Durch Gewalt und Gewährenlassen hatten sich in der staufischen Zeit, vor allem
seit Heinrichs VI. Tode, überall in Deutschland landesfürstliche Gewalten gebildet. Die
häufigen Verlegenheiten Friedrichs II. benutzten die Fürsten, ihre Stellung zu befestigen
und rechtlich anerkennen zu lassen. Um die Wahl seines Sohnes Heinrich zum deutschen
König zu erreichen, mußte er schon 1220 in der berühmten Confoederatio cum prin-
eipibus ecclesiasticis (Übereinkunft mit den geistlichen Fürsten) den geistlichen Fürsten die
Grundzüge der Landeshoheit zugestehen. Sein Sohn Heinrich, der für ihn in Deutschland
regierte, sah sich genötigt, auf dem Reichstage zu Worms im Jahre 1231 den welltlichen
Fürsten ähnliche Rechte zu gewähren. Dieses Wormser Privilegium ward im nächsten
Jahre auf einem Reichstag in Cividale (bei Udine) in Friaul vom Kaiser ausdrücklich be-
stätigt. So entstand das berühmte Reichsgesetz zugunsten der weltlichen Fürsten von
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