Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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und erhebt wiederum die, von deren Schultern sie gestützt und getragen wird. 
Daher wisse denn das gegenwärtige und zukünftige Geschlecht, daß wir in 
Cividale bei einer Zusammenkunft mit unserem geliebten Sohne, dem Könige 
der Römer Heinrich, auf der Fürsten und Großen, deren werte Menge hier vor 
uns zugegen war, Bitte, daß wir geruhten, der ihnen von demselben Könige, 
unserem Sohne, auf der allgemeinen Reichsversammlung in Worms erwiesenen 
Huld die Bestätigung durch unser Machtwort zu verleihen, für recht gehalten 
haben, ihrer Bitte gnädig zuzustimmen, da wir bei ihrer Erhöhung in zweck- 
mäßiger Weise unsere und unseres Reiches Stellung zu fördern im Auge haben. 
Wir billigen daher gemäß dem, was derselbe König, unser Sohn, bekannter- 
maßen bewilligt hat, und verleihen dauernde Bestätigung, indem wir verordnen: 
1. Daß keine neue Burg oder Stadt auf dem Grund und Boden der Kirche 
errichtet werden soll, sei es auf Veranlassung der Schirmvogtei, sei es unter 
irgend welchem Vorwande durch uns oder irgendeinen anderen. 
2. Neue Märkte sollen die alten in keinerlei Weise hindern. 
4. Die alten Straßen sollen nicht verlegt werden außer mit Willen der auf 
ihnen Reisendent). 
5. In unseren neuen Städten soll die Bannmeile abgetan werden:). 
6. Jeder Fürst soll seine Freiheiten, Gerichtsbarkeiten, Grafschaften und 
Centens), die er entweder selbst verwaltet oder verlehnt hat, in Frieden genießen 
nach der bewährten Gewohnheit des Landes. 
7. Die Centgrafen sollen ihre Centgerichtsbarkeit empfangen von dem Landes- 
herrn oder von dem, welchen der Landesherr") damit belehnt hat. 
8. Den Ort der Cente soll niemand ohne den Willen des Landesherrn ver- 
ändern5). 
9. Zu den Centen soll kein Schöppenbarfreier berufen werden #. 
10. Die Bürger, welche Pfahlbürger?) heißen, sollen gänzlich beseitigt werden. 
11. Die Zinsen von Wein, Geld, Getreide oder andere, welche die Bauern zu 
zahlen sich bisher verpflichtetens), sollen nachgelassen und nicht weiter erhoben werden. 
12. Der Fürsten, Edlen, der Dienstmannen und der Kirche Eigenleute sollen 
in unseren Städten nicht mehr Aufnahme finden. 
13. Den Fürsten, Edlen, Dienstmannen und den Kirchen sollen ihre Be- 
sitzungen und Lehen, welche von unseren Städten in Besitz genommen worden 
sind, zurückgegeben und nicht weiter besetzt werden. 
1) Der König gab damit das Schutzrecht über die Landstraßen auf. # 
:) Bannmeile nannte man den unmittelbar um die Stadt und in deren Machtbereich 
liegenden Bezirk. In diesem Raume durften sich keine Handwerker niederlassen, weil 
hierdurch der Stadt ein Teil der Landkundschaft entzogen werden konnte. · 
8)DieCentenwarendieUnterbezirkedetaltenGaugraffchaften;dieCentexIemer 
Grafschaft waren nach dem Zerfall der karolingischen Staatsordnung oft nicht bei einander 
geblieben, sondern an die verschiedensten Herren gekommen. 
64) Hier wird der Fürst zum ersten Male amtlich als Landesherr (dominus terrae) be- 
eichnet. 
zeich 5) Auch die kleinen freien Bauern waren damit an die Scholle gebunden. 
6) Schöffenbarfreie sind größere Grundbesitzer aus altfreiem Geschlecht, die dem 
niedrigen (Cent-)Gericht nicht unterstanden. Sie waren sdem landesfürstlichen Hofgerichte 
ugewiesen. 
zus 7) Die Pfahlbürger waren Bürger, die, ohne in der Stadt zu wohnen, deren Schutz 
und Recht genossen und daraufhin sich den ihren Herren schuldigen Leistungen entzogen. 
8) Gemeint sind Abgaben an die Stadt.
	        
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