Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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matten Glieder der Ruhe auf hartem Lager von Reisig oder auf einer groben 
Decke überlassen, einige Stunden ohne Beschäftigung mit dem Göttlichen ver— 
streichen zu lassen; ja, so weit geht es, daß sie selbst während der natürlichen Er— 
quickung beständig der heiligen Schrift lauschen und lieber den Geist als den Leib 
speisen wollen. Sie enthalten sich aber alle zusammen des Fleischgenusses. Einige 
aber halten sich von allen feineren Speisen und vom Weine fern und bedienen 
sich bisweilen der Hülsenfrucht, bisweilen auch nur des Brotes und Wassers zur 
Nahrung 
Keinem Weibe steht jemals aus irgend einem Grunde, selbst nicht unter dem 
Vorwande des Gebets, der Eintritt offen. Alle Werkstätten der verschiedenen Hand- 
werker, d. h. der Bäcker, Schmiede, Weber u. a., liegen drinnen, damit keiner von 
ihnen einen Grund zum Hinausgehen habe, und sind aufs sorgfältigste abgezäunt. 
Das Tor liegt auf dem äußeren Vorhofe. Dort weilt beständig ein erprobter und 
frommer Bruder, empfängt alle ankommenden Gäste, Pilger, Armen freundlich 
und gütig, gleichwie Christum selbst, und führt sie erst, nachdem ihnen vorher die 
Füße gewaschen worden und alle Pflichten der Menschenliebe in Demut erfüllt 
sind, zum Betsaal und von da in die gastliche Zelle. Wenn aber eine Frau, um 
eine Ermahnung zu erhalten oder eines anderen Geschäftes wegen ankommt, so 
wird sie draußen gelassen, und der Vater des Klosters oder einer der Brüder 
spricht mit ihr nicht im Hause und nicht allein, sondern unter freiem Himmel und 
auf offenem Platze, der nur wegen des Regens ein leichtes Dach hat. Andere 
aber schließen die Frauen zwar, wenn sie zu beten kommen, nicht vom Betsaal 
aus; aber in die inneren Räume der Brüder lassen sie sie nicht hinen 
Ferner hüten sie sich selbst mit solcher Sorgfalt, daß sie nicht nur vor größeren 
Vergehen zurückschrecken, sondern auch vor den kleinsten und geringsten, und 
solchen, die uns wegen der Gewohnheit als unbedeutend gelten, zügeln ihre Sinne 
so, daß sie, ausgenommen wenn sie mit Gott allein und dem Vater der Ver- 
einigung sprechen, mehr durch Winke und Zeichen, als durch Worte das Not- 
wendige voneinander fordern. Wenn aber einer in irgend Etwas und wäre es 
das Geringste aus menschlicher Schwäche, Nachlässigkeit, Leichtsinn verstoßen hat, 
so kommen sie an einem dafür bestimmten Orte um die erste oder dritte Stunde 
zusammen, beichten dort nach vorheriger Anrufung des göttlichen Beistandes de- 
mütig ihre Schuld und bessern sich in Liebe wechselseitig. Der Vorsteher richtet sie 
dort sitzend mit mildem Ernst ohne Zorn und Streit 
.. Sie haben sich über den ganzen Umkreis der Erde in fruchtbarer und 
reicher Fülle verbreitet und an Verdienst und Zahl binnen kurzem ins Un- 
geheuere vermehrt, und sie strahlen vom Glanze ihrer Zeichen, leuchten durch 
ihre Tugenden, werden durch göttliche Offenbarung öfters aufgerichtet und 
bringen häufig durch ihre engelgleiche und göttliche Erscheinung Trost beim Ab- 
scheiden aus diesem Leben. Die Kranken heilen sie, vertreiben die bösen Geister, 
haben bisweilen — soweit das im Leben möglich ist — eine Vorahnung von der 
Anmut des himmlischen Vaterlandes durch ihr geistiges Auge und bringen des- 
wegen, obwohl durch Arbeit aufgerieben, durch Nachtwachen erschöpft, durch 
Fasten geschwächt, nach Art der Zikaden, die mehr zu zirpen pflegen, wenn sie 
hungrig sind, fast die ganze Nacht mit dem Gesang von Pfalmen, Hymnen und 
geistlichen Liedern wachend zu. Sie hausen aber am zahlreichsten, wie einst in 
Agypten, so jetzt in Frankreich und Deutschland, so daß man sich sicher über die 
Übertragung der Macht und Weisheit vom Morgenland auf das Abendland
	        
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