Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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nicht wundern darf, da ja offenbar bei der Religion der gleiche Vorgang zu 
beobachten ist. 
Außerdem gibt es an verschiedenen Orten eine heilige Genossenschaft von 
Anachoreten und Einsiedlern — an Zahl zwar geringer, an Strenge des 
Lebens aber jenen gleich oder noch überlegen — welche geistlich gerüstet sind zu 
einem Einzelkampfe in der besten Art der Schlacht. Die einen von ihnen be- 
wohnen unter einem Oberen in abgelegenen und verborgenen Gegenden einzelne 
Zellen wie Grabstätten, leben von ihrer Hände Arbeit, empfangen, mit mäßiger 
Speise zufrieden, ihren Mundvorrat für die ganze Woche am Sabbat, und, 
gänzlich menschlichem Zuspruch entzogen, lassen sie nicht ab von göttlichen Ge- 
sprächen und vom Gebet, kommen nur an Sonntagen in dem gemeinsamen Bet- 
hause zusammen und kehren, von dem Worte heiliger Ermahnung durch den 
Oberen gestärkt und durch die gottgeschaffenen Mysterien zu ihrem Heil erquickt, 
in aller Frische wieder zurück. Andere wollen nur Gott zum Zeugen des Lebens 
haben, schließen sich ein in Höhlen, Grotten und Mauern, und man glaubt, daß 
sie um so gebührender dem Himmel zugewandt den Sabbat feiern, je mehr sie 
ledig aller menschlichen Genossenschaft gefunden werden. Manche auch suchen den 
Schmutz der Einöden, scheuen nicht die Genossenschaft der wilden Tiere, nähren 
sich von Kräutern, bedienen sich der Tierfelle als Decke, sind durch den Frost der 
Nacht und die Glut der Sonne wie die Athiopier geschwärzt, werden hart wie 
eine Handtrommel, und, unterirdisch in einem Erdhause wohnend, verschmähen sie 
es, sich einzuschließen; nur der Himmel ist ihr Dach und sie zeigen damit an, daß 
sie nicht sowohl Menschen als Genossen des himmlischen Reiches sind. 
68. 
Kulturbetätigung der Zisterzienser im 13. Jahrhundert. 
Quelle: Bestimmungen zisterziensischer Generalkapitel (Lateinisch). 
lbersetzung: Zeller, Die Mönchsorden. Leipzig o. J. S. 22. 
1. In Ortschaften, Städten oder Dörfern, dürfen keine Klöster unseres Ordens 
gebaut werden, sondern an Plätzen fernab vom Verkehr der Menschen. 
5. Die Mönche unseres Ordens sollen ihren Lebensunterhalt gewinnen aus 
ihrer Hände Arbeit, aus dem Ackerbau und aus der Viehzucht; daher ist es uns 
auch erlaubt, zum eigenen Gebrauch zu besitzen: Wasserläufe, Wälder, Weinberge, 
Wiesen, Güter, die von den Wohnungen von Loaien entfernt sind, und Tiere 
außer solchen, die mehr die Neugier zu reizen pflegen, als Nutzen bringen, z. B. 
Hirsche, Kraniche und andere derart. 
49. Für den Frommen ist es freilich gefährlich und wenig passend, die sog. 
Märkte zu besuchen; aber weil unsere Armut das verlangt, daß wir von dem 
Unseren verkaufen und Notwendiges einkaufen, so sollen sie zur Messe oder zum 
Markt gehen können, jedoch nicht länger als drei Tage. 
76. Kein Knabe soll innerhalb des Klosters oder an Plätzen des Klosters in 
den Wissenschaften unterrichtet werden, wenn er nicht Mönch ist oder als Novize 
im Probejahr steht; letzteren sei es erlaubt, in der für Lektüre bestimmten Zeit zu 
lernen. Und es ist zu beachten, daß man keinen vor seinem 15. Lebensjahr zur 
Probezeit bringen darf.
	        
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