Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

— 1893 — 
wollt, vorhanden und bewiesen würde, soll niemand gefragt werden, und ob auch 
gleichwohl aus der Marter die Missetat bekannt würde, so soll doch der nicht ge- 
glaubt noch jemand darauf verurteilt werden. 
Artikel 21. (Von „Anzeygung" deren, die mit Zauberei wahrzusagen unter- 
stehen.) Item, es soll auch auf Anzeichen hin, die aus Zauberei oder anderen 
Künsten wahrzusagen sich anmaßen, niemand zu Gefängnis oder peinlicher Frage 
angenommen werden 
Artikel 25. (Von allgemeinen Argwohnen und „Anzeygungen", so sich auf 
alle Missetaten beziehen.) 1) — Erstlich, ob der Verdächtige eine solche verwegene 
oder leichtfertige Person von bösem Leumund und Gerücht sei, daß man sich der 
Missetat zu ihr versehen möge; oder ob dieselbe Person dergleichen Missetat 
vormals geübt, unterstanden habe oder bezichtigt worden sei. Doch soll solcher 
böser Leumund nicht von Feinden oder leichtfertigen Leuten, sondern von un- 
parteilichen, redlichen Leuten kommen. 
Zum andern, ob die verdächtige Person an gefährlichen Orten zu der Tat 
verdächtig gefunden oder betreten wurde. 
Zum dritten, ob ein Täter in der Tat oder dieweil er auf dem Wege dazu 
oder davon gewesen, gesehen worden, und im Fall, so er nicht erkannt wäre, 
soll man „Aufmerkung“ haben, ob die verdächtige Person eine solche Gestalt, 
Kleider, Waffen, Pferde oder anderes habe, als der Täter obgemeldter Maßen, 
gesehen worden. 
Zum vierten, ob die verdächtige Person bei solchen Leuten Wohnung oder 
Gesellschaft habe, die dergleichen Missetat üben. 
Zum fünften soll man in Beschädigungen oder Verletzungen wahrnehmen, ob 
die verdächtige Person aus Neid, Feindschaft, aufgegebene Treue oder Erwartung 
einigen Nutzens zu der gedachten Missetat Ursache nehmen möchte. 
Zum sechsten, so ein Verletzter oder Beschädigter aus etlichen Ursachen je- 
manden der Missetat selber zeiht, darauf stirbt oder bei seinem Eide beteuert. 
Zum siebenten, so jemand einer Missetat halber flüchtig wird. 
Artikel 29 bis 44 bringen solche Indizien, deren jedes allein „zu peinlicher 
frag gnugsam ist“. 
Item, so ein überwundener Missetäter, der in seiner Missetat Helfer gehabt 
hat, jemanden im Gefängnis „besagt“, der ihm zu seinen geübten erfundenen 
Missetaten geholfen habe, ist auch ein Argwohn wider den Besagten . 
Artikel 33. Item, so der des Mordes halber Verdächtige und Beklagte um 
dieselbe Zeit, als der Mord geschehen, verdächtiger Weise mit blutigen Kleidern 
oder Waffen ist gesehen worden; oder ob er des Ermordeten Habe genommen, 
verkauft, vergeben oder noch bei sich hat, das ist für ein redliches Anzeichen an- 
zunehmen und peinliche Frage zu gebrauchen, er könnte denn solchen Verdacht 
mit glaubhaftem Anzeichen oder Beweis ablehnen; das soll vor aller peinlichen 
Frage gehört werden. 
Artikel 58. (Von dem Maß der peinlichen Frage.) — Item, die peinliche 
Frage soll nach Gelegenheit des Argwohns der Person viel, oft oder wenig, hart 
oder linder nach Ermessung eines guten, vernünftigen Richters vorgenommen 
1) Hier werden Indizien aufgezählt, von denen nur mehrere zusammen die peinliche 
Frage veranlassen können. 
W. u. O. Heinze-Kinghorst, Quellenlesebuch., 1. 13
	        
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