Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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Lande keine fürstliche Tafel halten könne, dagegen aber ein Rittmeister oder 
Hauptmann aus einem Quartier so viel zu genießen hätte, daß er sich mehr denn 
fürstlich traktieren könne, ohne was er zuzeiten an großen Summen wegschicke. 
Auch, wie in tyrannischer und barbarischer Weise wider die armen Leute mit 
Prügeln, Brennen und Plündern vorgegangen werde, und wie endlich durch Ent- 
ziehung notdürftiger Lebensmittel die bekümmerten Leute mit unnatürlicher 
Speise, als mit Trebern, Knospen von den Bäumen und Gras, sich zu sättigen 
gezwungen werden. 
123. 
Beschluß der deutschen Expedition in der schwedischen Reichsrats- 
sitzung vom 3. November 1629. 
Quelle: „Ratschlag" des Reichsrats vom 3. Nov. 1629. 
Ülbersetzung: G. Droysen!), Gustav Adolf. Leipzig 1870. Bd. 2. S. 34-36. 
1. Man weiß, daß der Kaiser einen unauslöschlichen Haß gegen Schweden 
trägt; nicht allein in dem Fundamentalvorsatz aller Papisten, alle Evangelischen 
auszurotten, sondern auch in dem alten brennenden Verlangen des Hauses Oster- 
reich nach der Universalmonarchie?). Drei Mächte allein erkennt es in der Lage, 
das zu verhindern: Frankreich, Holland, Schweden. Die Niederlande hat es so- 
lange vergebens angegriffen; nun sucht es mit ihnen und den anderen Nachbarn 
Frieden zu machen und denkt nur an den Krieg mit Schweden, wie alle seine 
Vornehmen in der letzten Zeit beweisen. Ja, es besteht bereits tatsächlich Krieg 
mit ihm zu Wasser und zu Land. Zwar bemühen sich Dänemark und Branden- 
burg für Verhandlungen und Vergleich mit dem Kaiser, will man aber mit Ehre 
und Reputation zu einem solchen Vergleich kommen, so ist es — wie die bei den 
bisherigen Verhandlungen mit den andern Nachbaren gemachten Erfahrungen 
lehren — besser, man begegnet dem Kaiser mit einer Armee an seinen eigenen 
Grenzen und verhandelt mit ihm „unter dem Helm“, als daß man ihn hier in 
Schweden erwartet. 
2. Es gibt keinen besseren Schutz für die Ostsee — und folglich keine andere 
Sicherheit für Schweden — als die Offensive. Denn erstlich kann man von 
Stralsund aus, das wie mit zwei Armen einen großen Teil der Ostsee umfaßt, 
wenn man dort nur ankommt und eine Flotte hält, die See auf beiden Seiten 
längs der ganzen deutschen Küste rein halten. Kann man sodann auch Wismar 
überwältigen — und dazu ist keine geringe Hoffnung vorhanden — so ist die 
ganze Ostsee eingenommen, denn es ist alsdann kein bedeutender Hafen mehr 
übrig. Kommt man — drittens — dabei in den Besitz von Rügen, und vermag 
man zu Land etwas vorzurücken, so würde das eine Versicherung mehr sein sowohl 
für den polnischen Stillstand wie auch für den Zoll bei Danzig und Pillau. 
3. Man wird durch die Offensive dem Feind die Mittel für seine Heere 
nehmen. 
1) Droysen schreibt dazu: „Die Gründe für den Offensivkrieg finden sich übersichtlich 
in dem „Ratschlag“ des Reichsrats. Ich kann es mir nicht versagen, sie in aller Aus- 
führlichkeit mitzuteilen, da aus nichts besser als aus ihnen der Charakter des königlich 
schwedischen in Deutschland geführten Krieges“ erhellt; erhellt, wie er durchaus nicht ein 
Religionskrieg war.“ 
„) Der Ausdruck im Reichsratsbeschluß ist: „universal imperum i verlden.“
	        
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