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kaiserlichen Offiziere die Pflicht, womit sie an den Kaiser gebunden waren, mehr
als den Respekt, den sie gegen ihn hegten, bei sich gelten lassen und sich größten-
teils von ihm abgewandt, also daß auch seine eigenen Kreaturen, denen er am
meisten vertraut, an ihm zu Mördern geworden sind.
127.
Erlebnisse des Pfarrers Martin Bötzinger im 30jährigen Kriege.
Quelle: Kraus, Hildburghausische Kirchen-, Schul= und Landeshistorie.
1730. 1)
Fundort: G. Freytag, a. a. O. Bd. 3. S. 124—133.
Fünf Jahre lang war ein ruhiger Zustand im Land bis Anno 1632, außer
daß mancher kaiserliche Zug zu zwei, drei und mehr Regimentern hin= und herzog,
die im Amte Heldburg auch oft Quartier nahmen und ausmergelten. Ich hatte
zu Poppenhausen keine Not. Wollte wünschen, daß ich's jetzo so gut hätte, als
ich's vorm Kriege gehabt. Da aber das Feuer des Krieges wollte ankommen,
reformierten die benachbarten Bischöfe stark, schickten Jesuiten und Mönche mit
Diplomatibus ins Land, restituierten die geistlichen Güter und Klöster. Die
Fürsten hatten ihre Verteidiger hin und wieder, die bisweilen im benachbarten
Papstium mauseten und dort die Hornissen aufstörten. Ein jeder Verständige
konnte wohl merken, die Sache würde ärger werden. Es flüchteten auch die
Edelleute, ihre Pfarrer, Vögte usw. das Ihrige in unsere Städtlein und Dörfer;
sie hofften hier sicherer zu sein als in ihren Orten.
Anno 1631 Michaelis kam König Gustavus aus Schweden plötzlich über den
Wald, als wenn er flöge, Königshofen und viele andere Orte bekam er ein, und
es ging sehr bunt daher. Unsere vom Adel warben dem König Volk, das im
Mausen und Rauben just so arg war als die Feinde. Sonderlich nahmen sie den
benachbarten Katholischen ihre Kühe, Pferde, Schweine, Schafe und trieben sie gen
Heldburg; da war ein Gekauf, eine Kuh für einen Dukaten, ein Schwein für
einen Taler. Und oft liefen die Papisten her und sahen, wie und wer ihr
Vieh kaufte, sie lösten es auch selber oft wieder ein. Es wurde ihnen aber
so oft genommen, daß sie des Lösens müde wurden, und waren die benach-
barten Papisten übel dran. Wir allhier zu Poppenhausen verwahrten ihnen aus
Nachbarschaft ihr bißchen Habe in Kirche und Häusern, so weit es helfen wollte.
Da sich aber Anno 1632 das Blatt wandte, und die drei Generäle, Fried-
länder, Tilly und der Bayerfürst, Koburg und das Land einnahmen, halfen
die benachbarten Papisten rauben und brennen, und fanden wir bei ihnen keine
Treue noch Sicherheit.
Als man am Abend vor Michaelis 1632 die Kartaunen von Koburg hörte, als
Losungsschuß, daß der Feind ankäme und jeder sich in acht nähme, zog ich nach
Heldburg, wohin ich schon mein Weib und Kind geschickt hatte. Die Stadt hielt
ihre Wache, meinte nicht, daß es so übel ergehen würde. Der Bürgermeister und
etliche des Rats entflohen, mein Schwiegervater war Verwalter über Pulver,
1) Sie enthält die handschriftlich hinterlassene Lebensbeschreibung des Martin
Bötzinger, Pfarrers zu Poppenhausen bei Heldburg in Franken. Der Anfang und der
letzte Teil sind vernichtet.