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es ging im Herbst alles an allen Orten drauf. Hatte in meinem Hause elf Per-
sonen, ohne Troß und Mägde. Es ist nicht zu beschreiben, was ich, mein Weib
und Kinder die Zeit über haben leiden und ausstehen müssen. Es war solche große
Mattigkeit und Mangel, daß meine armen Pfarrkinder toten Leuten ähnlicher
sahen als lebendigen. Viele lagen schon aus Hunger danieder und mußten
gleichwohl alle Tage etliche Male Fersengeld geben und uns verstecken. Und
obgleich wir unsere Linsen, Wicken und arme Speise in die Gräber und alten
Särge versteckten, wurde es uns doch alles genommen. Damals mußten die noch
lebendigen Leute von Haus und Hof gehen oder Hungers sterben. Wie denn zu
Poppenhausen die meisten begraben wurden. Es blieben etwa noch acht oder
neun Seelen, die Anno 1636 vollends darauf gingen oder entwichen. Ebenso
war es zu Lindenau, welche Pfarre mir 1636 vikariatsweise vom fürstlichen Konsi—
storium anbefohlen war. Ich konnte keine Einkünfte genießen. Apfel, Birnen,
Kraut und Rüben waren meine Besoldung. So bin ich von Anno 1636 bis 1641
auch der Lindenauer Pfarrer gewesen. Ich ließ zwar die Pfarre zurichten, konnte
aber wegen Unsicherheit und Plackerei nicht beständig drunten wohnen und ver—
richtete die Arbeiten von Heldburg aus. Mein Zeugnis von den Lindenauern ist
noch vorhanden, worin sie bekennen, daß ich in fünf Jahren nicht zehn Gulden an
Geld bekommen habe, sie haben mir aber seither den Rest mit Holz und Apfeln
richtig gemacht.
Als Anno 1640 zwischen Ostern und Pfingsten die kaiserlichen und die
schwedischen Armeen zu Saalfeld ein Lager schlugen, wurde Franken und Thüringen
nah und fern verderbet. Am Sonntag Exaudi früh 4 Uhr fielen starke kaiserliche
Parteien zu Heldburg ein. Meine ganze Gasse oben herein und hinten mein Hof
waren in Eile voll Pferde und Reiter, nicht anders, als wenn ihnen mit Fleiß
mein Haus wäre gezeigt worden. Da führte ich sie in Küche und Keller, sie
möchten selber suchen, was ihnen dienen könnte. Endlich verließen mich zwar alle
und ließen mich allein im Hause, doch war Schrecken, Furcht und Angst so groß,
daß ich an meine Barschaft nicht gedachte, die ich hätte retten können, wenn ich
mich getraut hätte, damit fortzukommen. Ich dachte vor Angst an kein Geld und
begab mich mit Weib und Kindern ins nächste Holz gen Hellingen; da blieb alt
und jung, Geistliche und Weltliche Tag und Nacht. Der meisten Leute Speise
waren schwarze Wacholderbeeren. Nun wagten es etliche Bürger, gingen in die
Stadt, kamen und brachten zu essen und sonst, was ihnen lieb gewesen. Ich
dachte: Ach, wenn du auch könntest in dein Haus kommen und die baren Pfennige
ertappen und damit dich und deine Kinder könntest fortbringen. Ich wagte es,
schlich hinein und ging durchs Spitteltor aufs Mühltor zu, das mit Palisaden ver-
wahrt war. Da hatte inwendig ein und der andere auf der Lausche gestanden,
die mich erhaschten. Da ward ich mit neuen Stricken gebunden, daß ich mich
weder mit Gehen noch Greifen behelfen konnte, sollte entweder Geld geben oder
reiche Leute verraten. Mußte den Dieben für ihre Pferde im Herrenhofe Futter
schwingen, den Pferden zu trinken vorhalten und andere lose Arbeit tun. Da ich
mich nun etwas frei zu sein deuchte, lief ich davon, aber unwissend, daß vor dem
Hoftore ein ganzer Haufe Soldaten stand, lief ich ihnen also in die Arme.
Welche mich mit Degen schlugen, mich besser mit Stricken verwahrten und von
Haus zu Haus führten, und sollte ihnen sagen, wem dies oder jenes Haus wäre.
Also ward ich auch in mein Haus geführt; da sah ich in der Hausflur den
kupfernen Schöpftopf liegen, in welchem meine Barschaft gewesen, und dachte: