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Hättest du das gewußt, so wärest du draußen geblieben. Weil ich nun niemand
verraten wollte, hieb mir einer mit einem Hirschfänger über den Kopf, daß das
Blut zu den Ohren hereinlief. Zweimal in einer Stunde, nämlich in der
Schneiderin Wittich Hof, zum andernmal in des Wildmeisters Stadel haben sie
mir den schwedischen Trunk mit Jauche gegeben, wodurch meine Zähne fast alle
wackelnd geworden. Denn ich wehrte mich, als man mir einen großen Stecken
in den Mund steckte, so gut ich Gefangener konnte. Endlich führten sie mich
mit Stricken fort und sagten, sie wollten mich aufhängen, brachten mich zum
Mühltore hinaus auf die Brücke. Da nahm einer von ihnen den Strick, womit
meine Füße zusammengezogen waren, der andere den Strick am linken Arme,
stießen mich ins Wasser und hielten die Stricke, womit sie mich regierten, auf und
nieder zogen. Da erhaschte ich die Rechenstecken, welche aber auf mich zu wichen,
und konnte daran keinen Anhalt finden, nur daß durch Gottes Schickung mir ein
Loch gemacht wurde, daß ich konnte unter die Brücke schlupfen. So oft ich mich
wollte anhalten, schlugen sie mich mit gedachten Rechenstecken, daß dieselben ent-
zwei sprangen wie ein Schulbakel. Als sie sich nun nicht allein müde gearbeitet
hatten, sondern auch dachten, ich hätte meinen Rest, ich würde im Wasser er-
trinken, ließen sie beide Stricke fahren. Da wischte ich unter die Brücke, und
konnte mir keiner beikommen. Da suche ich in der Tasche und finde ein Messer-
lein, so sich zusammenlegen ließ, das sie nicht hatten haben wollen, ob sie mich
schon oft durchsucht. Damit schnitt ich die Stricke an beiden Füßen los und
sprang hinunter, wo die Mühlräder liegen. Es ging mir das Wasser über den
halben Leib. Da warfen die Schelme Stöcke, Ziegelsteine und Prügel hinter mir
her, um mir den Rest vollends zu geben. Ich war auch willens, mich ganz
hinauszuarbeiten gegen des Müllers hintere Tür, konnte aber nicht, entweder
weil die Kleider voll Wassers mich zurückzogen, oder vielmehr weil Gott solches
nicht haben wollte, daß ich da sterben sollte. Denn wie ein trunkener Mann hin
und her taumelt, also auch ich, und komme auf die andere Seite gegen den
hinteren Brauhof. Da sie nun merkten, ich würde im Zwinger aussteigen, laufen
sie in die Stadt und nehmen mehr Gesellen zu sich, passen unten bei den Gerber-
häusern auf, ob ich ihnen kommen würde. Aber als ich dieses merkte, daß ich
jetzo allein war, blieb ich im Wasser stecken und steckte meinen Kopf unter einen
dichten Weidenbusch und ruhte im Wasser vier oder fünf Stunden, bis es Nacht
und in der Nacht stille wurde. Dann kroch ich halbtot heraus, konnte der Kälte
wegen fast keinen Atem holen. Ging dann über die Brunnenröhren, den Wasser-
fluß immer hinab und kletterte über einen Weidenstamm, daß ich die andere
Seite erreichte.
Acht Tage vor Pfingsten kam ich mit vielen Bürgern nach Koburg. Es war
schon die Sage hergekommen, ich wäre totgemacht. Als ich nun selber kam, ver-
wunderten sich Bürger und alte Bekannte. Da ich (nach langen Irrfahrten) er-
fuhr, daß mein Weib und Kinder wieder zu Poppenhausen eingezogen waren,
zog ich heim und war weder zu schleißen noch zu beißen um sie. Die Kinder
waren schier vor Hunger verdorben. Sie hatten die Zeit über nicht Kleie genug
kaufen können zu Brot.½)
1) 1647 wurde Bötzinger Pfarrer zu Heubach, wo er 1673 im 74. Lebensjahre starb.