Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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bitterter Feinde zu sterben (verwundet waren sie schon), eine furchtbare, aber not- 
wendige Tat: sie töteten sich selbst. 
22. Als dies bekannt ward, wehrte sich auch von den anderen keiner mehr, 
wenn es ihm auch nicht an Kraft gefehlt hätte. Die einen folgten dem Beispiel 
ihres Anführers; die anderen warfen die Waffen fort und ließen sich von dem 
ersten besten umbringen; fliehen konnte keiner, hätte er es auch noch so gern 
gewollt. So ward denn alles ohne Scheu niedergehauen, Männer und aosse. 
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Germanikus auf der Walstatt der Varusschlacht. 
15 nach Christo. 
Quelle: P. Cornelius Tacitus, Jahrbücher (Lateinisch):). I, 60—62. 
Abersetzung: J. Horkel und W. Wattenbach a. a. O. 2. Abt. S. 23 und 24. 
60... Das Heer ward bis in die äußersten Ecken des Bruktererlandes ge- 
führt und alles Land zwischen Ems und Lippe verwüstet, nicht weit von dem 
Teutoburger Walde?), wo, wie das Gerücht ging, Varus und seiner Legionen 
Reste unbestattet lagen. 
61. Daher ergriff den Cäsars) das Verlangen, die letzte Ehre den Soldaten 
und dem Feldherrn zu erweisen; auch das gesamte anwesende Heer war zur 
Wehmut gestimmt, im Gedanken an Verwandte, an Freunde, an des Krieges 
Wechselfälle endlich und der Menschen Los. Nachdem Cäcina“) vorangeschickt wat, 
um das Dunkel des Waldgebirges zu durchforschen und Brücken und Dämme in 
dem feuchten Sumpflande und den trügerischen Ebenen anzulegen, betraten sie die 
Stätten der Trauer, finster dem Auge wie der Erinnerung. — Das erste Lager 
des Varus mit seinem weiten Umfange und den wohlahgesteckten Quartieren 
erschien deutlich als dreier Legionen Werks); sodanne) gab ein halb eingestürzter 
Wall und flacher Graben zu erkennen, daß dort die schon halb vernichteten Reste 
Fuß gefaßt hatten: inmitten der Ebene ihre gebleichten Gebeine, wie sie sich ge- 
flüchtet, wie sie Widerstand geleistet hatten, zerstreut oder aufgehäuft. Daneben 
1) Die Jahrbücher oder Annalen (so genannt, weil die Begebenheiten in zeitlicher 
Folge, nach Jahren abgeteilt, dargestellt sind) umfassen die Zeit vom Tode des Augustus 
bis zu dem des Nero (14—68), sind aber nicht vollständig erhalten. Der Verfasser folgte 
darin den Berichten glaubwürdiger Männer; auch amtliche Schriftstücke standen ihm zur 
Verfügung. Er ist darum durchaus zuverlässig. Dazu ist der Ausdruck kurz und scharf, der 
innere Zusammenhang überall betont, das psychologische Moment hervorgehoben. Das 
Werk ist das Muster einer pragmatischen Geschichtsdarstellung. Es enthält unter anderem 
eine großartige Schilderung der Züge des Germanikus. » 
2)EsscheinttrotzderkaumübetsehbarenMengevonVersuchen-docheinvergeblrches 
Beginnen zu sein, den Schauplatz der Varusschlacht bestimmen zu wollen. Selbst der 
Name der Ortlichkeit, wie er hier gebraucht ist, kann irreführen. Tacitus nennt Teuto- 
burger Wald (Teutoburgiensis saltus) offenbar ein waldiges Gebirgsland in der Nähe des 
Bruktererlandes, also des Ems-Lippe-Gebietes. Diese Bezeichnung des Tacitus ist vor 
etwa 200 Jahren durch die Scheingelehrsamkeit eines Paderborner Bischofs auf die be- 
kannte Kette des Wesergebirges übertragen und seitdem für sie üblich geworden. Volks- 
tümlich ist sie noch heute nicht. ç · » 
s)SohießenalleMitgliederdesjulischiclaudischenHaufeö;hiertstGermamkusgemeint. 
«)Cäcinawareintüchtiget,imGermanenkriegeergrautetOffiziet. 
»MitVarusgingendieLegionen17—19unter.· 
4) Es handelt sich um das zweite Lager.
	        
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