Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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an ihre Schilde, hoben ihn auf den Schild und setzten ihn zu einem Könige über 
sich. So empfing er Sigiberts Reich und seine Schätze, und es kamen die Leute 
desselben unter seine Herrschaft:). Gott aber warf Tag für Tag seine Feinde vor 
ihm zu Boden und vermehrte sein Reich, darum daß er rechten Herzens vor ihm 
wandelte und tat, was seinen Augen wohlgefällig war#). 
15. 
Fränkisches Rechtswesen. 
Um 510. 
Quelle: Das salische Gesetz (Tex salica) s). Abschnitte 45, 21, 54, 62, 58, 1, 50. 
lbersetzung: Georg Erler, Deutsche Geschichte. Leipzig o. J. Bd. 1. S. 434—445. 
VI. 1. Uber Zuwandernde. 1. So jemand in ein Dorf einzuwandern be- 
gehrt, einer oder einige von den Bewohnern des Dorfes auch gewillt sind, ihn 
aufzunehmen, so hat er doch, falls selbst nur einer Einspruch erhebt, keine Er- 
laubnis zur Niederlassung 9. 
2. So er aber gegen den Einspruch eines oder zweier in dem Dorfe sich 
niederzulassen unterfängt, dann soll man eine förmliche Aufforderung an ihn er- 
gehen lassen.... Mill aber der Aufgeforderte auch jetzt nicht weichen und hält ihn 
kein vollgewichtiger Grund ab, dann soll der, welcher ihn aufforderte, die Sache 
auf seine Gefahr übernehmen und den Grafen herbeirufen, damit er zur Stelle 
1) Die Monarchie der Franken war erblich; darum folgte der nächste Verwandte 
ohne weiteres. Wahl und Schilderhebung, wie sie sonst überall bei den germanischen 
Völkern üblich waren, fanden nur beim Aussterben eines Königsgeschlechtes statt. Als 
Chlodowech seine salischen Mitkönige beseitigt hatte, nahm er daher ohne weiteres nach 
dem Erbrecht ihr Land als König ein; bei den Ripuariern dagegen, wo er sich nicht auf 
ein Erbrecht stützen konnte, mußte er erst unter den gewohnten Gebräuchen durch die 
Stimme des Volkes gewählt werden. 
2) Diese Erzählung, die als typisches Beispiel für ähnliche im zweiten Buche vor- 
kommende Berichte hierher gesetzt ist, ist wie alle übrigen durchaus sagenhaft und daher 
in ihren Einzelheiten nicht zu gebrauchen. Nur ihr Kern ist zutreffend; sie zeigt, daß 
Chlodowech die übrigen Stammeskönige der Franken mit Gewalt beseitigte, seine Macht 
über diese Stämme ausdehnte und so das einheitliche Frankenreich schuf. Mehr noch als 
durch das, was sie berichtet, ist sie dadurch bemerkenswert, daß sie die Auffassung er- 
kennen läßt, die in den Kreisen Gregors herrscht. Für sie ist Chlodowech ein Werkzeug 
in der Hand des Höchsten. Nur so ist es verständlich, daß Gregor am Schlusse dieser Er- 
zählung jenen vielberufenen Ausspruch tun kann, nachdem eben erzählt ist, durch welche 
Teufeleien der König die beiden Ripuarier aus dem Weg geräumt hat. 
2) Das Recht der alten Germanen war ausschließlich ein durch Herkommen und Ge- 
brauch entstandenes und geweihtes Gewohnheitsrecht, das bei den einzelnen Stämmen 
verschieden war. Dieses Stammesrecht pflanzte sich lediglich durch Überlieferung fort, 
war also nicht niedergeschrieben. Die durch die Reichsgründung vollkommen veränderten 
Verhältnisse, besonders die jetzt eingetretenen unmittelbaren Beziehungen mit den Römern, 
gegenüber deren scharf geprägten Rechtssätzen die unsichere Überlieferung der germanischen 
Grundsätze sich als erheblicher Nachteil erwies, machte die Aufzeichnung der Stammes- 
rechte notwendig. Es ist daher kein Zufall, daß die älteste Niederschrift in die Regierungs- 
zeit Chlodowechs fällt und es sich dabei um das Recht der salischen Franken handelte. 
So ist uns dieses „salische Geset“, die Lex salica, überliefert. Es stammt wahrscheinlich 
aus den Jahren 508—511. 
) Die Dorfbewohner bildeten eine geschlossene Genossenschaft mit Gemeinland neben 
ihrem Sondereigen. Sie hatten daher ein Interesse daran, daß die Zahl der Berechtigten 
nicht durch Fremde vergrößert wurde. «
	        
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