Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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Schar der vornehmsten Vasallen in dem Säulengange, welcher mit der Basilika 
des großen Karl verbunden ist, und sie setzten den neuen Herrscher auf einen hier 
errichteten Thron; hier reichten sie ihm die Hände!), gelobten ihm Treue und 
Hilfe gegen alle seine Feinde und machten ihn so nach ihrem Brauche zum 
Könige. Während dies von den Herzögen und den übrigen Beamten vorgenommen 
wurde, erwartete der höchste Bischof mit der gesamten Priesterschaft und dem 
ganzen niederen Volke unten in der Basilika den Aufzug des neuen Königs. Als 
dieser eintrat, ging ihm der Erzbischof?) entgegen und berührte mit seiner Linken 
die Rechte des Königs, während er selbst in der Rechten den Krummstab trug, 
und angetan mit der Albe, geschmückt mit der Stola und dem Meßgewande, 
schritt er vor bis in die Mitte des Heiligtums, wo er stehen blieb, und sich zu 
dem Volke wendend, welches ringsumher stand — es waren nämlich in dieser 
Basilika Säulengänge unten und oben im Kreise errichtet — so daß er von allem 
Bolke gesehen werden konnte, sprach er so: „Sehet, hier stelle ich euch vor den 
von Gott Erkornen und vom Herrn Heinrich früher bezeichneten, nun aber von 
allen Fürsten zum Könige erhobenen Herrn Odda: wenn euch diese Wahl ge- 
fällt, so bezeugt dies, indem ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt.“ 
Darauf hob alles Volk die Rechte in die Höhe und wünschte mit gewaltigem 
Geschrei dem neuen Gebieter Heil und Segen. Sodann schritt der Erzbischof mit 
dem Könige, welcher mit dem enganliegenden fränkischen Gewande bekleidet war, 
hinter den Altar, auf welchen die königlichen Insignien gelegt waren, das Schwert 
mit dem Zepter und das Diadem.. E selbst aber trat an den Altar, nahm hier 
das Schwert mit dem Wehrgehenk und sprach, zum Könige gewendet: „Empfange 
dieses Schwert und treibe mit ihm aus alle Widersacher Christi, die Heiden und 
schlechten Christen, da durch Gottes Willen alle Macht des ganzen Frankenreiches 
dir übertragen ist, zum bleibenden Frieden aller Christen.“ Sodann nahm er die 
Spangen und den Mantel und bekleidete ihn damit. „Dies bis an den Boden 
wallende Gewand“, sagte er, „möge dich erinnern, wie du vom Eifer im Glauben 
entbrennen mögest und in Wahrung des Friedens verharren müssest bis in den 
Tod.“ Sodann reichte er ihm Zepter und Stab und sprach: „Bei diesen Zeichen 
mögest du gedenken, daß du mit väterlicher Zucht deine Untertanen leitest und vor 
allen den Dienern Gottes, den Witwen und Waisen die Hand der Erbarmung 
reichest, und möge niemals von deinem Haupte das Ol der Barmherzigkeit ver- 
siegen, auf daß du jetzt und in Zukunft mit ewigem Lohne gekrönt werdest.“ 
Darauf wurde er alsbald mit dem heiligen Ole gesalbt und mit dem goldenen 
Diadem gekrönt von den Bischöfen Hildiberht und Wiefrids), und da nun die 
Weihe, wie sich gebührt, vollständig vollendet war, ward er von eben denselben 
Bischöfen zum Thron geführt, zu welchem man auf einer Wendeltreppe hinan- 
stieg, und der zwischen zwei marmornen Säulen von herrlicher Schönheit er- 
richtet war, so daß er von hier aus alle sehen und von allen wiederum gesehen 
werden konnte. 
2. Nachdem man hierauf Gott gepriesen und das Meßopfer feierlich begangen 
hatte, stieg der König in die Pfalz herab, trat sodann an eine marmorne, mit 
königlichem Gerät geschmückte Tafel und setzte sich mit den Bischöfen und allem 
  
des 8 Der Huldigende hielt während der Eidesleistung seine Hände zwischen den Händen 
e nigs. 
2) Erzbischof Hildeberht von Mainz. 
2) Erzbischof von Cöln.
	        
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