Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Anhänger der verfolgten Religion ihr Vaterland verlassen, und Tausende von 
Untertanen würden unsere Nachbarn mit ihrem Gewerbefleiß bereichern und ihre 
Volkszahl vermehren . . . Ich bin gewissermaßen der Papst der Lutheraner und 
das kirchliche Oberhaupt der Reformierten. Ich ernenne Prediger und fordere 
von ihnen nur Sittenreinheit und Versöhnlichkeit. Ich erteile Ehedispense und 
bin in diesem Punkte sehr nachsichtig, da die Ehe im Grunde nuͤr ein bürgerlicher 
Vertrag ist, der gelöst werden kann, sobald beide Parteien damit einverstanden 
sind! Außer wenn es sich um Bruder und Schwester, Mutter und Sohn, Tochter 
und Vater handelt, erlaube ich weitherzig, daß man sich nach Herzenslust heirate; 
denn diese Verbindungen stiften keinerlei Schaden. 
Alle anderen christlichen Sekten werden in Preußen geduldet. Aber dem 
ersten, der einen Bürgerkrieg entzünden will, schließt man den Mund, und die 
Lehren der Neuerer gibt man der verdienten Lächerlichkeit preis. Ich bin un— 
parteiisch zwischen Rom und Genf. Will Rom sich an Genf vergreifen, so bekommt 
es unrecht. Will Genf Rom unterdrücken, so wird Genf verurteilt. Auf diese 
Weise kann ich dem religiösen Haß steuern, indem ich allen Parteien Mäßigung 
predige. Ich suche aber auch Einigkeit unter ihnen zu stiften, indem ich ihnen 
vorhalte, daß sie alle Mitbürger eines Staates sind, und daß man einen Mann 
im roten Kleide ganz ebenso lieben kann, wie einen, der ein graues Gewand 
trägt. Ich suche gute Freundschaft mit dem Papste zu halten, um dadurch die 
Katholiken zu gewinnen und ihnen klar zu machen, daß die Politik der Fürsten 
die gleiche bleibt, auch wenn die Religion, zu der sie sich bekennen, verschieden ist. 
C. Der König über die Schulen!). 
Quelle: Friedrich an den Minister Freiherrn von Zedlitz. 5. Sept. 1779. 
Fundort: G. Mendelssohn-Bartholdy a. a. O. S. 476—478. 
Da ich gewahr geworden, daß bei den Schulanstalten noch viele Fehler 
sind, und daß besonders in den kleinen Schulen die Rhetorik und Logik nur sehr 
schlecht oder gar nicht gelehrt wird, dieses aber eine vorzügliche und höchst not- 
wendige Sache ist, die ein jeder Mensch in jedem Stande wissen muß, und das 
erste Fundament bei Erziehung junger Leute sein soll — denn wer zum besten 
räsoniert, wird immer weiter kommen als einer, der falsche Consequences ziehet, 
— so habe Euch hierdurch meine eigentliche Willensmeinung dahin bekannt 
machen wollen. 
Wegen der Rhetorik ist der Quintilian, der muß verdeutschet und darnach in 
allen Schulen informiert werden 
Zum Unterricht in der Logik ist die beste im Deutschen von Wolff""X⅝ 
Lateinisch müssen die jungen Leute auch absolut lernen, davon gehe ich nicht 
ab; es muß nur darauf raffiniert werden, auf die leichteste und beste Methode, 
1) Bereits den 12. August 1763 hatte der König das „General-Land-Schul- 
Reglement“ vollzogen, durch welches dem in Verfall geratenen Schulwesen auf dem 
Lande aufgeholfen werden sollte. Im Vorwort dazu heißt es: „Denn so angelegentlich 
wir nach wiederhergestellter Ruhe und allgemeinem Frieden das wahre Wohlsein unserer 
Länder in allen Ständen uns zum Augenmerk machen, so nötig und heilsam erachten wir 
es auch zu sein, den guten Grund dazu durch eine vernünftige sowohl als christliche 
Unterweisung der Jugend zur wahren Gottesfurcht und andern nützlichen Dingen in der 
Schule legen zu lassen.“
	        
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