Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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Der Markgraf ward auf folgende Weise wieder frei. Er sandte zu seiner Frau 
und ließ sie zu sich kommen. Dann bat er sie, mit seinen Mannen zu sprechen, 
insonderheit mit dem alten von Buch, der seiner Eltern Ratgeber gewesen war, 
den er aber entlassen hatte. Die Frau tat das. Als sie mit dem von Buch sprach 
und ihn bat, antwortete dieser: „Mein Herr hat mich vertrieben und aus seinem 
Rat entlassen; er hat mir genommen, was ich von seinen Eltern hatte. Mein 
Rat taugt ihm nicht.“ Die Markgräfin weinte und sprach und gelobte ihm, daß 
ihr Gemahl das alles gutmachen werde. Zuletzt gab er den Rat, sie solle bares 
Geld nehmen, nach Magdeburg reisen und dort jedem Domherrn und Dienst— 
mann des Gotteshauses, den er ihr namhaft machte, heimlich ein Geschenk über— 
reichen, dem einen 100 Mark, dem anderen 50, dem einen weniger, dem anderen 
mehr, wie er es ihr angab. Das geschah. Danach unterhandelte man wegen der 
Loslassung des Markgrafen. Bei der Gelegenheit hielt der Bischof Umfrage unter 
seinen Mannen und Herren; sie rieten ihm, ihn loszulassen und ihm aufzugeben, 
nach spätestens vier Wochen wieder in die Gefangenschaft zurückzukehren oder ihm 
innerhalb dieser Zeit 4000 Mark zu zahlen. Der Bischof tat nach ihrem Vorschlage. 
Der Markgraf kam zu den Seinen und suchte Rat. Der von Buch fragte den 
Herrn, wie er selbst und seine Mannen sich die Sache gedacht hätten. Diese 
wußten nichts Zweckmäßigeres, so hätten sie ihm gesagt, als daß man die Kelche 
nehme und das Silber aller Kirchen des Landes sammele und so das Geld zu- 
sammenbringe und dazu, soviel man könne, von den Städten anleihe, auf daß 
der Markgraf nicht einzureiten brauchte. Da sprach der von Buch: „Der Rat 
bietet wohl einen Ausweg; aber ich weiß einen besseren, den ich wohl geben 
wollte, wenn mich mein Herr bei meinen Rechten ließe.“ Der Markgraf gelobte, 
ihm alles Gute zu erweisen und ihm niemals mehr unrecht zu tun. Da nahm der 
von Buch den Markgrafen und seinen Bruder beiseite und ging mit ihnen in die 
Sakristei zu Angermünde 1) und zeigte ihnen eine große, eisenbeschlagene Samimel- 
büchse voll Gold und Silber und sagte: „Dies Gut hat Euer Vater hinterlassen. 
Damit löset Euch! Dieses vertraute er mir an, und darum hat er Euch geboten, 
immer nach meinem Rate zu handeln. Nun habt Ihr gegen meinen Rat gegen 
das Magdeburger Gotteshaus Krieg geführt.“ Der Herr ließ das Geld, durch das 
er gelöst werden sollte, dem Bischof bezahlen und ward dann los gelassen. Da 
fragte er kühnlich: „Herr Bischof, bin ich jetzt frei"“ Dieser antwortete: „Ja.“ 
Da sagte er: „Ihr versteht einen Markgrafen nicht einzuschätzen. Ihr hättet mich 
mit aufgerichteter Lanze auf ein Roß setzen und mich mit Gold und Silber über- 
schütten lassen solle.“.. 
Danach fingen die Drosten?:) einen Krieg mit dem Markgrafen an . 
Der Markgraf von Brandenburg zog in dies Land mit großer Macht bis vor Staß- 
furt und gewann die Stadt und belagerte das Schloß. Da kam aber Bischof 
Günther mit den Domherren und ermahnte die Bürger, so daß sie sich in großer 
Treue überreden ließen. 
Also zogen sie aus mit großer Macht, mit Wagen, Rossen und Pferden, arm 
und reich und entsetzten das Schloß. Der Markgraf ging mit all den Seinen 
zum Sturm über. Die auf dem Hause wehrten sich mannhaft. Da wurde der 
Markgraf durch den Helm in den Kopf geschossen. Den Pfeil trug er viele Jahre 
1) Es ist wohl Tangermünde gemeint. 
*) Die Drosten sind wahrscheinlich Führer der erzbischöflichen Dienstmannen.
	        
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