Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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her von den kontrahierenden Teilen ratifiziert wurde, und vermöge der sich 
mehrere der vorzüglichsten Stände vom Reiche trennten, um einen besonderen 
Stand zu bilden, alle Hoffnung gänzlich zerstört. 
In der vollkommensten Überzeugung, daß es uns gänzlich unmöglich ist, die 
mit unserem kaiserlichen Amte verbundenen Pflichten länger zu erfüllen, sind 
wir es unseren Grundsätzen und unserer Würde schuldig, auf eine Krone zu ver- 
zichten, die nur insoweit in unseren Augen einen Wert haben konnte, als wir 
imstande wären, dem Vertrauen, das uns die Kurfürsten, Fürsten und Stände 
des Reiches zeigten, zu entsprechen und die übernommenen Pflichten zu erfüllen. 
Wir erklären demnach durch Gegenwärtiges, daß wir das Band, das uns 
bis jetzt mit dem deutschen Staatskörper vereinigt, als aufgelöst und das Amt und 
die Würde eines Kaisers als erloschen betrachten; daß wir uns dadurch als aller 
Verbindlichkeiten gegen das Deutsche Reich entledigt ansehen; daß wir, wie wir 
es durch Gegenwärtiges wirklich tun, die Kaiserkrone, die wir bisher 
getragen haben, niederlegen und auf die Regierung, mit der wir im 
Namen des Reiches beauftragt waren, verzichten. 
Wir entbinden zu gleicher Zeit die Kurfürsten, Fürsten und Stände des 
Reiches, und alle die, welche dazu gehören, besonders die Glieder der höchsten 
Reichsgerichte und die übrigen Diener des Reiches der Pflichten, welche die Ver- 
fassung ihnen gegen uns, als oberstes Reichsoberhaupt, auferlegt. Wir entbinden 
ebenfalls alle unsere deutschen Provinzen und Länder unseres Reiches der Ver- 
pflichtungen, die sie bisher gegen das Deutsche Reich zu erfüllen hatten, unter 
welchem Titel es auch immer sein mag; und bei ihrer Vereinigung mit der 
österreichischen Monarchie werden wir uns als Kaiser von Osterreich bei dem 
Frieden, der zwischen uns und den übrigen Mächten der benachbarten Staaten 
besteht, bemühen, sie auf jene Stufe von Glück und Wohlfahrt zu heben, die be- 
ständig der Gegenstand unserer Wünsche und der Zweck unserer Sorgfalt und 
Anstrengung sein wird. 
Gegeben in unserer Hauptstadt und Residenz Wien, den 6. August 1806, im 
15. Jahre unserer Regierung. Franz. 
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Jena. 
A. Das preußische Heer auf dem Marsch. 
1805. 
Quelle: Oberstleutnant Johann von Borcket): Kriegerleben 1806—1815. 
Nach dessen Aufzeichnungen bearbeitet von Leszcyhnski. Berlin 1888. 
' S. 1—36. 
Unser Marsch glich in seiner Schwerfälligkeit und Langsamkeit mehr dem 
Zuge einer orientalischen Karawane als der Bewegung einer zum Kriege 
bestimmten Truppe. Der ungeheuere Troß von Wagen, Packpferden und Ba- 
1) Borcke, gebürtig aus Halle, gehörte der preußischen Armee bis 1807 an und trat 
sodann, durch die Verhöltnisse gezwungen, in westfälische Dienste. Er machte als west- 
fälischer Offizier den russischen Feldzug mit und wurde zu Ende des Jahres 1813 vom 
Könige Friedrich Wilhelm III. wieder in die preußische Armee aufgenommen. Seine 
Schilderungen der Zustände im preußischen Heere bis zu dessen Zusammenbruch und das 
Elend der großen Armee Napoleons beim Rückzug aus Rußland sind von großem Werte.
	        
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