Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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druck nicht zu verkennen, den diese ernstliche Vorbereitung auf einen großen Teil 
der Gemüter machte .. Wir umgingen Erfurt und kamen in der Nacht zum 14. 
zwischen 10 und 11 Uhr eine Stunde jenseits Weimar auf der Chaussee nach Jena 
an, wo unser Korps auf den Lehnstädter Höhen Halt machte. Wir fanden hier 
die Spuren eines soeben verlassenen Lagers, sowie auch einen Teil der Garde 
und hörten, daß die Hauptarmee hier gestanden habe, der König und das Haupt- 
quartier an diesem Tage in Weimar gewesen seien und die Königin Luise sich 
noch daselbst befinde. Als wir bei Erfurt vorbeizogen, kamen uns die ersten Ver- 
wundeten, sowie eine Menge zerstreuter Leute und Bagage entgegen. Es waren 
größtenteils Sachsen und Leute vom Regiment von Müffling, die bei Saalfeld ge- 
fochten und nach ihrer Aussage sehr gelitten hatten. Sie waren ziemlich ent- 
mutigt, bestätigten den Tod des Prinzen Louis Ferdinand und machten einen sehr 
übeln Eindruck auf unsere Soldaten. Leider wirkte dieser Eindruck auch auf uns 
Offiziere, wenn auch in anderer Art; denn es gab der Zeichen des nahen Un- 
glücks zu viele, als daß sie selbst von den Unbefangensten hätten übersehen werden 
können. Mit schmerzlichen Gefühlen stellten ich und mancher andere bei Gelegen- 
heit dieses Marsches im vereinigten Armeekorps stille Betrachtungen an. Es war 
nicht zu verkennen, unser Heerkörper war krank, und mit jedem Schritte zeigten 
sich die Gebrechen einer veralteten Kriegskunst. Ohne es zu wissen, waren wir in 
Schwerfälligkeit, Unbehilflichkeit und äußeren Formen untergegangen. Der größere 
Teil unserer Führer war alt und abgelebt; barbarische Strenge und Grobheit 
waren der Deckmantel ihrer Schwächen; bei jedem ungewöhnlichen Ereignis ver- 
loren sie den Kopf, was bereits viele Beispiele bewiesen hatten, und unsere Be- 
wegungen kurz vor der Schlacht zeigten, daß Offiziere wie Soldaten ihres Hand- 
werks außerhalb des Exerzierplatzes ganz unkundig waren. Hiervon ein Beispiel. 
Es wurde während des Marsches am 13. befohlen, daß die Bataillone ihre Seiten 
durch Seitenpatrouillen decken sollten. Dies waren für viele böhmische Dörfer. 
In Ermangelung leichter Truppen, und weil der leichte Dienst bei den Linien- 
regimentern gänzlich unbekannt war, mußten einzelne Züge aus den Bataillonen 
dazu genommen werden. Die hierzu nicht geübten Soldaten sowie nicht minder 
ihre Offiziere, denen jede Bewegung außer Reih und Glied ganz neu und fremd 
war, stellten sich bei der Lösung dieser Aufgabe so unbeholfen und verkehrt an, 
daß es ein Greuel war, es mit anzusehen, und not getan hätte, jeden am Gängel- 
bande zu führen. Stets in dichten Haufen zusammengedrängt, waren die Leute 
nicht auseinander zu bringen, wußten keinen Gebrauch vom Terrain zu machen 
und verloren ihre Bataillone entweder ganz aus den Augen oder klebten nutzlos 
an ihnen, so daß sie bei einem unerwarteten Angriff das größte Unheil angerichtet 
und sich und ihre Offiziere unfehlbar selbst auf die Köpfe geschossen haben würden. 
In den Bataillonen selbst herrschte während des Marsches eine solche pedantische 
Strenge, daß kein Soldat aus dem Tritt kommen und sozusagen keine andere Be- 
wegung als mit den Füßen machen durfte; der Stock regierte nach Herzenslust. 
Nachdem das Armeekorps in der Nacht zum 14. Oktober auf dem erwähnten 
Platze bei Weimar angekommen war, erwartete jedermann, daß die Zelte auf- 
geschlagen, ein regelmäßiges Lager eingerichtet und vor allem Lebensmittel aus- 
geteilt werden würden. Das Gepäck war uns gefolgt, die Brotwagen hofften wir 
entweder schon zu finden oder mit jedem Augenblick ankommen zu sehen; daß 
am folgenden Tage eine Schlacht stattfinden würde, davon hatte man im all- 
gemeinen noch keine Ahnung. Alle unsere Erwartungen wurden getäuscht. Der
	        
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