Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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16. 
Die Blütezeit des Ordens unter Winrich von Kniprode. 
1351—1382. 
Quelle: Die ältere Hochmeisterchronik (Mitteldeutsch)). 
Ubertragung aus dem Abdruck des md. Textes in den Scriptores Rerum Prussicarum. 
Leipzig 1866. Bd. 3. S. 590 und 600. 
Meister Winrich war ein gar herrlicher Mann an Person und an Gestalt; 
seine Gebärde stand ihm nach Wunsch; aller Weisheit und alles Rates war er 
voll. Zu seinen Zeiten war der Orden zu Preußen geziert mit sehr vielen edlen 
und weisen Brüdern, so daß er dastand gleichsam in einer Blüte an Weisheit, an 
Rat, an Zucht, an Mannheit, an Ehren, an Reichtum und an tüchtigen Brüdern, 
so daß es in jenen Zeiten keinen Konvent gab, in dem man nicht einen oder zwei 
Brüder gefunden hätte, die dem Orden wohl zu Hochmeistern an Weisheit und 
an Redlichkeit getaugt hätten. Auch alle Landfahrer sprachen in den Zeiten, wohin 
sie auch kamen, daß sie in keinem Lande so viele an Erfahrung und Weisheit 
tüchtige Leute gesehen hätten wie im Orden zu Preußen. Darum begehrten viele 
Herren, Ritter und Knechte der Christenheit, den Orden zu sehen, und kamen mit 
Macht gen Preußen und lagen zu Königsberg mit großer Zehrung, mancher ein 
ganzes Jahr, und warteten auf die Kriegsfahrt gegen die Feinde. Diese Fremd- 
linge hörten und sahen so große Weisheit in allen Dingen von den Brüdern, 
daß sie oft untereinander sprachen: „Bist du klug, so täusche die Herren von 
Preußen!“ 
17. 
Die Preußeureise des Herzogs Albrecht von Osterreich. 
1377. 
Quelle: Peter Suchenwirt, Gedicht von Herzog Albrechts Ritterschaft 
(Deutsch)2). 
Prosaübertragung: Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit. 24. Aufl. Leipzig 1901. 
Bd. 2. S. 221—226. 
Im Jahre 1377 hob sich der tugendliche Herzog Albrecht von Osterreich zur 
Fahrt gen Preußen, um Ritter zu werden; denn ihn deuchte mit Recht, daß ihm 
das Gold des Ritters besser zieme, als das Silber des Knappen. In seinem Heere 
ritten fünf Grafen, fünfzig Dienstmannen, viele Ritter und Edelknechte 
Und das Heer wandte sich gen Marienburg, wo im Schloß der Meister Winrich 
von Kniprode saß. Der edle Herr erwies dem Fürsten und den Seinen hohe 
Ehre; freigebig bot man guten Trank und reiche Kost. Danach zog man nach 
Königsberg. Dort eilten die Herren um die Wette, die Gäste zu laden. Es 
wurde in höfischer Weise wohl gelebt. Zuletzt kam die Reihe an den edlen Herzog; 
1) Die ältere Hochmeisterchronik enthält die Geschichte des Ordens, nach Hochmeistern 
geordnet, bis zum Jahre 1433. Sie entstand in der Mitte des 15. Jahrhunderts und 
bietet den Stoff in volkstümlicher Weise dar. 
2) Peter Suchenwirt war ein in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebender 
fahrender Sänger und Wappendichter, der die Kriegszüge, Hoffeierlichkeiten, Rittertaten. 
seiner Gönner besang, und dem wir trotz der Nachlässigkeit seiner Verse und Sprache 
mancherlei Einzelzüge über Sitte und Brauch der Kreise verdanken, in dem er tätig war. 
Die Fahrt ins Preußenland hat er mitgemacht.
	        
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