Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Demgemäß werden wir und unsere Nachfolger an der Krone Preußen fortan 
den kaiserlichen Titel in unseren Beziehungen und Angelegenheiten des Deutschen 
Reiches führen und hoffen zu Gott, daß es der deutschen Nation gegeben sein 
werde, unter dem Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segens- 
reichen Zukunft entgegenzuführen. 
Wir übernehmen die kaiserliche Würde in dem Bewußtsein der Pflicht, in 
deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den 
Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft 
seines Volkes, zu verteidigen. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß dem 
deutschen Volke gegönnt sein wird, den Lohn seiner heißen und opfermütigen 
Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu genießen, welche 
dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherung gegen erneute An- 
griffe Frankreichs gewähren. 
Uns aber und unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, 
allzeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, 
sondern an den Gütern und Gaben des Friedens, auf dem Gebiete nationaler 
Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. 
Gegeben Hauptquartier Versailles den 17. Januar 1871. Wilhelm. 
D. Das erste Kaiserhoch. 
Quelle: Aufzeichnung des Großherzogs von Baden. 
Fundort: Ottokar Lorenz, Kaiser Wilhelm und die Begründung des Reichs 1866—1871. Jena 1902. S. 465. 
Nun kam die Reihe an mich — ich trat zum Kaiser heran, verbeugte mich 
und bat um die Erlaubnis, die Versammlung zu einem Hoch auf ihn einladen 
zu dürfen. Nickend erteilte der Kaiser die Genehmigung, und ich rief so laut wie 
möglich in die harrende, lautlose Versammlung: „Seine Kaiserliche und Königliche 
Majestät — Kaiser Wilhelm, lebe hoch !“ was sechsfach wiederholt wurde. Darauf 
reichte mir der Kaiser die Hand in äußerst herzlicher Weise und wandte sich dann 
an den Kronprinzen, der von dem Akte so ergriffen war, daß er vor dem Vater 
das Knie beugte und seine segnende Hand erbat. Der König erhob ihn mit sehr 
inniger Umarmung und in tiefster Bewegung, welche sich allen Anwesenden sicht- 
bar mitteilte. Dann begrüßte der Kaiser jeden einzelnen Fürsten und nahm die 
Begrüßung der zahlreichen Versammlung dadurch entgegen, daß die Anwesenden 
gruppenweise herantraten und eine Verbeugung machten. Nach diesem Be- 
grüßungsakte ging der Kaiser zu den Fahnen und sprach mit den Trägern; dann 
stieg er vom Hochtritt herab, sprach mit vielen Generalen und Standesherren und 
ging unter den Klängen eines Festmarsches an der langen Reihe der Dekorierten 
herab, mit vielen tapferen Kriegern freundliche Worte sprechend. Der Kaiser hatte 
nun wieder seine sonstige Frische und kräftige Haltung gewonnen.
	        
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