Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Darauf wurde zum Essen geblasen. Es war ein fröhliches. Der Wein stärkte 
das Gefühl und den guten Vorsatz, der aus jedem Gesicht leuchtete. Es wurden 
Gesundheiten ausgebracht, die uns aber nicht im Geiste des Festes geschienen; 
daher behielten wir die unserigen im Herzen. 
Nach Tische, es mochte 3 Uhr sein, ging der Zug den Berg herunter und 
mit dem Landsturm freundschaftlich und gleichen Ranges in die Stadtkirche, wo 
die Predigt allgemeine Wirkung hervorbrachte. 
Darauf wurden Turnübungen auf dem Markte angestellt — und darauf wurde 
es dunkel. So ist jede Minute in löblicher Tätigkeit zugebracht worden. 
Nach 7 Uhr zogen die Studenten, jeder mit einer Fackel, also deren etwa 600, 
auf den Berg zu den Siegesfeuern, wo der Landsturm schon versammelt war. 
Oben wurden Lieder gesungen und wieder eine Rede von einem Studenten ge 
halten, die wir nicht gehört, die aber allgemein als besonders kräftig gerühmt 
worden ist. 
Darauf wurde Feuergericht gehalten über folgende Stücke, die zuerst, an einer 
Mistgabel hoch in die Höhe gehalten, dem versammelten Volke gezeigt und dann 
unter Verwünschungen in die Flammen geworfen wurden. 
Es waren aber die Abgebrannten diese: ein hessischer Zopf, ein preußischer 
Gardistenschnürleib, ein österreichischer Korporalstockt). (Ob jedoch diese drei Dinge 
die ersten oder die letzten gewesen, wissen wir nicht.) Fernere)y 
Nach 12 Uhr begab man sich zur Ruhe. 
Des anderen Tages versammelten sich vormittags die Studenten wieder auf der 
Wartburg, wobei vieles zur Sprache gekommen, was den künftigen Studenten- 
brauch, besonders die Einschränkung der Zweikämpfe betrifft. Die durch Lands- 
mannschaften feindlich zerrissenen Studenten aus Gießen werfen sich in die Arme 
und söhnen sich aus. So hat ein heiliger, aber freier Augenblick, wo nur die 
Stimme der Jünglinge galt und riet, getan, was nicht der Darmstädter Hof mit 
all seinen Soldaten, was nicht der gesamte Senat, in Perückengesetze gesteckt, 
hervorzubringen imstande gewesen, ja vielmehr, was den Haß heftiger angefacht. 
Wissen Höfe und Senate die Studenten nicht zu behandeln, so tut es wahrlich 
not, daß sie in der Verschüchterung (es gibt ein nachdrücklicheres Wort: Ver- 
gelsterung) sich selber zu behandeln suchen. Die verkehrteste Hilfe ist überall der 
Zwang, und Soldatenregiment will nirgends mehr ertragen werden. 
Darnach reisten viele ab; viele aber gingen zum Abendmahl. 
So haben Deutschlands Studenten das Fest auf der Wartburg be- 
gangen! Viele, die über Deutschland Rat halten, und mehr noch, die 
Unrat halten, könnten die Versammlung auf der Wartburg zum Muster 
nehmen. 
Sollten irgendwo Studenten deshalb, weil sie auf der Wartburg gewesen, 
belangt werden, so berichte man es uns. — Wir halten es des ordentlichen Be- 
tragens aller ohne Ausnahme wegen für Pflicht, sie zu verteidigen, und werden 
es tun nach dem Maße der Kraft, welche uns Gott verliehen hat. 
1) Diese Gegenstände sind in der Zeitung nicht benannt, sondern durch höhnische Zier- 
bildchen dargestellt. 
:) Es folgen die Titel der verbrannten Bücher, unter ihnen v. Haller, Restauration 
der Staatswissenschaft. Kotzebue, Geschichte des deutschen Reichs. Kamptz, Kodex der 
Gensd'armerie. Werner, Weihe der Kraft. Derselbe, Die Söhne des Tals. Der Code 
Napoleon. Immermann, Ein Wort zur Beherzigung.
	        
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