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Vergleich derselben mit der eigenen materiellen Behaglichkeit und Sorgenfreiheit,
wie die eingehende Beschäftigung mit den sozialen Fragen der Gegenwart machten
für seinen durch und durch gerechten Sinn die Notwendigkeit sozialer Formen zu
einem unanfechtbaren Axiom und zu einer persönlichen Lieblingsvorstellung. Ein
Aufenthalt in England pflegt seine Überzeugung von dem hohen Wert einer starken
Zentralgewalt zu stärken, während ein solcher in Rußland ihn eher die Selbst-
verwaltung schätzen lehrt. Alle Reisen aber in diesen Ländern wie in Frankreich
und Italien vermehren sicher sein deutsches Nationalgefühl, welches stets leicht
erregbar in ihm gewesen ist. Das freudige Genießen der deutschen Dichtung aller
Perioden von Beowulf bis zu Felix Dahn weckte seinen Enthusiasmus für deutsches
Leben und Empfinden aller Zeiten, wie an der andächtigen Aufnahme der deutschen
Geschichte sich seine Begeisterung für deutsche Taten und Helden entzündete, von
Karl dem Großen und seinen Paladinen bis zu den Heroengestalten des eigenen
Vaters und Großvaters .. Der Schwung, den seine erregbare Natur durch
solches Bewundern erhielt, wurde eine neue Quelle der Kraft und der Erhebung.
Der Trieb zur Nacheiferung entwickelte sich daraus bis zu dem tief empfundenen
Bedauern, die letzten hohen Triumphe des Vaterlandes nur als jubelndes Kind
statt als mitwirkender Mann erlebt zu haben, und bis zu der vom Ubelwollen so
arg mißdeuteten Sehnsucht, an gleich großen Ereignissen teilnehmen zu dürfen
Daß aber der Phantasie und der Leidenschaft kein ungebührlicher Einfluß auf
das Handeln zufalle, dafür sorgt der überlegende regelnde Verstand, der in der
eigentümlichen Mischung seines Wesens ein so bedeutendes Ingredienz bildet.
Zorn und Haß so gut wie Liebe und Bewunderung werden stets seine Seele
erwärmen zu energischem Vorgehen, schwerlich sie je erhitzen zu tollkühnem
Wagen. Klugheit und Gerechtigkeit sind für ihn nicht bloß theoretische Tugenden,
sondern seiner ganzen Natur entsprechende, sein Streben und Handeln be-
stimmende Eigenschaften. Seine bekannte Kampagne gegen die seinem in allen
Genüssen maßvollen Wesen so antipathischen und seiner ganzen Lebensauffassung
so widerstrebenden Spielpassion der vornehmen jungen Welt, welche vor seinen
Augen blühende Existenzen vernichtet und dadurch seine tiefste Entrüstung hervor-
gerufen hatte, konnte erfolgreich nur sein, weil sie in weiser Mäßigung in den
seiner damaligen Stellung als Regimentskommandeur entsprechenden Schranken
geführt wurde. Gerade diese kluge Beschränkung trug ihm auch die besonders
freudig empfundene Genugtuung des rückhaltlosen Beifalls des sonst so streng
kritisierenden Vaters ein.
Den Kampf gegen die Leidenschaft, den er hierbei für andere unternahm, hat
er mit unerbittlicher Strenge in sich selbst geführt und das Maßhalten sich zum
Lebensprinzip gemacht. Selbst seine Familie ist für ihn wohl die unentbehrliche
Basis seines Lebens; das Zusammensein mit Frau und Kindern ist ihm unabweis-
bares Bedürfnis; ihre Zuneigung erhellt sein Leben, und die Sorge um sie er-
wärmt sein Herz; aber auch diese Gefühle sollen seine Kraft nicht verzehren,
sondern mehren. Nur ein Gefühl beherrscht sein ganzes Leben und Streben,
dominiert alle Bedenken und Reflexionen, treibt unwiderstehlich zur Anspannung
aller Kräfte und wenn nötig, zum kühnsten Wagen. Das ist das Pflichtge fühl,
stets die stärkste und wirksamste Triebfeder in allen Gliedern seiner Rasse. In
diesem Gliede, von dem wir reden, ist es immer stark gewesen und hat, wo irgend-
möglich, den Verzicht auf alle Prärogative der Stellung und den Erwerb von
Ehre und Stellung durch eigene Anstrengung als selbstverständlich erscheinen