Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Geltung war. Gleiche geschichtliche Beziehungen und gleiche nationale Bedürfnisse 
der Gegenwart verbinden uns mit Italien. Beide Länder wollen die Segnungen 
des Friedens festhalten, um in Ruhe der Befestigung ihrer neu gewonnenen Ein- 
heit, der Ausbildung ihrer nationalen Institutionen und der Förderung ihrer 
Wohlfahrt zu leben. 
Unsere mit Österreich-Ungarn und Italien bestehenden Verabredungen gestatten 
mir zu meiner Befriedigung die sorgfältige Pflege meiner persönlichen Freund- 
schaft für den Kaiser von Rußland und der seit hundert Jahren bestehenden fried- 
lichen Beziehungen zu dem russischen Nachbarreiche, welche meinen eigenen Ge- 
fühlen ebenso wie den Interessen Deutschlands entspricht. 
In der gewissenhaften Pflege des Friedens stelle ich mich ebenso bereitwillig 
in den Dienst des Vaterlandes, wie in der Sorge für unser Kriegsheer und freue 
mich der traditionellen Beziehungen zu auswärtigen Mächten, durch welche mein 
Bestreben in ersterer Richtung befördert wird. 
Im Vertrauen auf Gott und auf die Wehrhaftigkeit unseres Volkes hege ich 
die Zuversicht, daß es uns für absehbare Zeit vergönnt sein werde, in friedlicher 
Arbeit zu wahren und zu festigen, was unter Leitung meiner beiden in Gott 
ruhenden Vorgänger auf dem Throne kämpfend erstritten wurde. 
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Bismarcks Entlassung. 
20. März 1890. 
1. Quelle: Bismarcks Entlassungsgesuch vom 18. März 1890. 
Fundort: Gebhardt a. a. O. Pôd. 2. S. 826—828. 
Berlin 18. März 1890. 
Bei meinem ehrfurchtsvollen Vortrage vom 15. d. M. haben Eure Mazjestät 
mir befohlen, den Orderentwurf vorzulegen, durch welchen die Allerhöchste Order 
vom 8. September 18521), welche die Stellung eines Ministerpräsidenten seinen 
Kollegen gegenüber seither regelt, außer Geltung gesetzt werden soll... Diese 
Order allein gab dem Ministerpräsidenten die Autorität, welche es ihm ermöglicht, 
dasjenige Maß von Verantwortlichkeit für die Gesamtpolitik des Kabinetts zu 
übernehmen, welches ihm im Landtage und in der öffentlichen Meinung zugemutet 
wird . . Ich habe bisher niemals das Bedürfnis gehabt, mich meinen Kollegen 
gegenüber auf die Order von 1852 ausdrücklich zu beziehen. Die Existenz der- 
selben und die Gewißheit, daß ich das Vertrauen der beiden hochseligen Kaiser 
Wilhelm und Friedrich besaß, genügten, um meine Autorität im Kollegium sicher- 
zustellen. Diese Gewißheit ist heute aber weder für meine Kollegen, noch für 
mich selbst vorhanden. Ich habe daher auf die Order von 1852 zurückgreifen 
müssen, um die nötige Einheit im Dienste Eurer Majestät sicherzustellen. Aus vor- 
stehenden Gründen bin ich außerstande, Eurer Majestät Befehl auszuführen, laut 
dessen ich die Aufhebung der vor kurzem von mir in Erinnerung gebrachten Order 
1) Um dem Ministerpräsidenten mehr als bisher eine allgemeine Übersicht über die 
verschiedenen Zweige der Verwaltung zu geben, bestimmte Friedrich Wilhelm IV. in der 
erwähnten Kabinettsorder vom 8. September 1852, daß jeder Minister über alle Ver- 
waltungsmaßregeln von Wichtigkeit sich mit dem Ministerpräsidenten zu verständigen und 
diesem auch alle dem Könige vorzulegenden Berichte zur Meinungsäußerung und Weiter- 
gabe einzureichen habe. « -
	        
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