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bettet ist. Was unsere Väter erhofften, was die deutsche Jugend träumend ge-
sungen und gewünscht hat, ihnen, den beiden Kaisern, ist es vergönnt gewesen,
das Deutsche Reich mit den Fürsten sich zu erkämpfen und wiederherzustellen.
Wir dürfen dankbar die Vorteile genießen; wir dürfen uns des heutigen Tages
freuen. Damit geht auf uns jedoch die ernste Pflicht über, auch das zu erhalten,
was die hohen Herren uns erkämpft haben. Aus dem Deutschen Reiche ist ein
Weltreich geworden. Überall in fernen Teilen der Erde wohnen Tausende
unserer Landsleute. Deutsche Hüter, deutsches Wissen, deutsche Betriebsamkeit
gehen über den Ozean. Nach Tausenden von Millionen beziffern sich die Werte,
die Deutschland auf der See fahren hat. An Sie, meine Herren, tritt die ernste
Pflicht heran, mir zu helfen, dieses größere Deutsche Reich auch fest an unser
heimisches zu gliedern. Das Gelöbnis, was ich heute vor Ihnen ablegte, es kann
nur Wahrheit werden, wenn Ihre, von einheitlichem patriotischem Geiste beseelte,
vollste Unterstützung mir zuteil wird. Mit diesem Wunsche, daß Sie in vollfster
Einigkeit mir helfen werden, meine Pflicht nicht nur meinen engeren Landsleuten,
sondern auch den vielen Tausenden von Landsleuten im Auslande gegenüber zu
erfüllen, das heißt, daß ich sie schützen kann, wenn ich es muß, und mit der
Mahnung, die an uns alle geht: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb
es, um es zu besitzen,“ erhebe ich mein Glas auf unser geliebtes deutsches Vater-
land und rufe: Das Deutsche Reich hoch! — und nochmals hoch! — und zum
drittenmal hoch!
3. Quelle: Abschiedsrede an den Prinzen Heinrich am 15. Dezember 1897
· inKielI).
Fundort:Johö.Penzlera.a.O.Bd.2.S.78—-80.
Die Fahrt, die Du antreten wirst, und die Aufgabe, die Du zu erfüllen hast,
bedingen an sich nichts Neues; sie sind die logischen Konsequenzen dessen, was
mein hochseliger Herr Großvater und sein großer Kanzler politisch gestiftet und
was unser herrlicher Vater mit dem Schwerte auf dem Schlachtfelde errungen hat;
es ist weiter nichts, wie die erste Betätigung des neugeeinten und neuerstandenen
Deutschen Reiches in seinen überseeischen Aufgaben. Dasselbe hat in der staunens-
werten Entwicklung seiner Handelsinteressen einen solchen Umfang gewonnen, daß
es meine Pflicht ist, der neuen deutschen Hansa zu folgen und ihr den Schutz an-
gedeihen zu lassen, den sie vom Reich und vom Kaiser verlangen kann.
Die deutschen Brüder kirchlichen Derufes, die hinausgezogen sind zu stillem
Wirken, und die nicht gescheut haben, ihr Leben einzusetzen, um unsere Religion
auf fremdem Boden, bei fremdem Volke heimisch zu machen, haben sich unter
meinen Schutz gestellt, und es gilt, diesen mehrfach gekränkten und auch oft be-
drängten Brüdern für immer Halt und Schutz zu verschaffen. Deswegen ist die
Unternehmung, die ich Dir übertragen habe, und die Du in Gemeinschaft mit den
Kameraden und den Schiffen, die bereits draußen sind, zu erfüllen haben wirst,
wesentlich die eines Schutzes und nicht des Trutzes. Es soll unter dem schützenden
Panier unserer deutschen Kriegsflagge unserem Handel, dem deutschen Kaufmann,
den deutschen Schiffen das Recht zuteil werden, was wir beanspruchen dürfen, das
gleiche Recht, was von Fremden allen anderen Nationen gegenüber zugestanden wird.
k) Am 16. Dezember 1897 ging Prinz Heinrich an Bord der „Deutschland“ in See
" nach Ostasien. Am Abend zuvor fand im königlichen Schlosse zu Kiel ein arößeres Ab-
schiedsmahl statt. Bei dieser Gelegenheit hielt der Kaiser die hierher gesetzte Ansprache.