Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Präsident Dr Kaempf: Ich schlage vor, die erste Lesung der sämtlichen Ge- 
setzentwürfe zu verbinden. (Lebhafter Beifall.) Als einziger Redner zu der Lesung 
der sämtlichen Vorlagen nimmt 
Abg. Haase (Soz.) das Wort: Im Auftrage meiner Fraktion habe ich folgende 
Erklärung abzugeben: 
.. Wir stehen vor der ehernen Tatsache des Krieges. Es handelt sich hier 
nicht darum, sich für oder gegen den Krieg zu entscheiden, sondern über die Frage 
der Aufbringung der für die Verteidigung des Landes erforderlichen Mittel. Aber 
wir haben auch zu denken an die Millionen von Volksgenossen, die ohne ihre 
Schuld in dieses Verhängnis hineingerissen sind. Sie werden von den Ver- 
heerungen des Krieges aufs schwerste getroffen. Unsere Wünsche begleiten die zu 
den Waffen gerufenen Brüder ohne Unterschied der Partei. (Lebhafter Beifall.) 
Wir denken auch an die Mütter, die ihre Söhne hergeben müssen, an die Frauen 
und Kinder, die ihrer Ernährer beraubt sind. Unsere Frauen und Kinder sehen 
zu der Angst um ihre Lieben die Schrecken des Hungers drohen. Zudem werden 
sich bald Tausende Verwundete und verstümmelte Kämpfer gesellen. Ihnen allen 
beizustehen, ihr Schicksal zu erleichtern, diese unermeßliche Not zu lindern, 
erachten wir als eine dringende Pflicht. (Lebhafter Beifall.) Für unser Volk, 
seine freiheitliche Zukunft, steht bei einem Siege des russischen Despotismus, der 
sich mit dem Blute der Besten im eigenen Volke befleckt hat, viel, wenn nicht 
alles auf dem Spiele. (Stürmischer Beifall.) Es gilt, diese Gefahr abzuwehren, die 
Kultur und Unabhängigkeit unseres Landes zu schützen. (Lebhafter Beifall.) Darum 
machen wir wahr, was wir immer betont haben; wir lassen in der Stunde der 
Gefahr das Vaterland nicht im Stich! (Lebhafte Beifallskundgebungen.) — Wir 
fühlen uns dabei im Einklang mit der Internationale, die das Recht jedes Volkes 
auf nationale Selbständigkeit und Selbstverteidigung jederzeit anerkannt hat. Wir 
werden in Übereinstimmung mit ihr jeden Eroberungskrieg verurteilen. Wir 
fordern, daß dem Kriege, sobald das Ziel der Sicherung erreicht ist und die 
Gegner zum Frieden geneigt sind, ein Ende gemacht wird durch einen Frieden, 
der die Freundschaft mit den Nachbarvölkern ermöglicht .. Von diesem Grundsatz 
geleitet, bewilligen wir die geforderten Kredite. (Lebhafter Beifall.) 
Präsident Dr Kaempf: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe 
die erste Lesung. Kommissionsberatung ist nicht beantragt. Wir kommen also gleich 
zur zweiten Lesung, zu der keine Wortmeldung vorliegt. Ich schließe also die 
zweite Lesung. 
Abg. Dr Spahn (Ztr.) zur Geschäftsordnung: Nachdem sämtliche Gesetz- 
entwürfe in zweiter Lesung angenommen sind, und zwar ohne Abänderung, auch 
ohne Wortmeldungen, glaube ich, dem Hause vorschlagen zu sollen, sofort in die 
dritte Lesung einzutreten. (Beifall.) Ich schlage vor, die Generaldebatte und die 
Spezialdebatte über sämtliche Gesetzentwürfe zu verbinden. Wenn Widerspruch 
nicht erhoben wird, Wortmeldungen nicht eintreten, beantrage ich, sämtliche Ent- 
würfe in einer Abstimmung en bloc anzunehmen. (Lebhafter Beifall.) 
Vizepräsident Dr Paasche: Meine Herren, Sie haben den Antrag gehört, die 
drei Lesungen sofort vorzunehmen. Das kann nur geschehen, wenn kein Wider- 
spruch aus dem Hause erfolgt. Das ist nicht der Fall. Wir treten in die dritte 
Beratung ein; wenn auch über die ferneren Anträge kein Widerspruch erhoben 
wird, können wir so verfahren, wie vorgeschlagen ist. Ich bitte, daß diejenigen,
	        
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