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zuschließen, wihrend Mitte und Südflügel bei und südlich Görz den Gegner durch
Frontalangriff festhalten sollte. So standen in den Tagen vor dem Angriff bereit:
der Nordflügel der Armee Below (die österreichisch-ungarische durch deutsche Ver-
bände verstärkte Gruppe Krauß) im Gelände des Rombon und südöstlich die Stoß-
front der Armee mit Gruppe Stein im Gebiet des Krn und um Tolmein, mit
Gruppe Berrer an Straße Bischoflak—St. Lucia; mit Gruppe Scotti nördlich
Tribusa schloß sich der rechte Flügel der Isonzo-Armee an
Bis in die kleinsten Einzelheiten war der Plan festgelegt. Näch einem Gas-
schießen von 2—6 Uhr vormittags sollte bei Tagesanbruch die allgemeine Feuer-
eröffnung erfolgen. Nach kurzer höchster Feuersteigerung sollte der Einbruch in die
Stellungen auf der ganzen Frontlinie Flitsch— Selo stattfinden. Ungünstiges
Wetter verzögerte den Angriff um wenige Tage. Am Abend des 23. Oktober er-
teilte General von Below folgenden Befehl: Der Angriff findet am 24. Oktober
statt. Allgemeine Feuereröffnung 6,30 Uhr vormittags.
Diese knappen Worte sind klassisch und bleiben ein Musterbeispiel deutscher
Generalstabsarbeit. Diese zwei Sätze bezeichnen den Abschluß einer Riesenarbeit
an Gedanken, Plänen, strategischen und technischen Vorbereitungen. Sie bezeichnen
den Beginn des Stoßes, der Italiens zweite Armee zu Boden schmetterte. Welt-
geschichte von ungeheurer Tragweite liegt in diesen kurzen Worten, Weltgeschichte,
erzwungen von deutschen und österreichisch-ungarischen Waffen.
Am 24. Oktober beginnt der Angriff. Wenige Stunden später wankt die ins
Herz getroffene zweite italienische Armee und fällt in Trümmer.
In starken, uneinnehmbaren, ja unangreifbar scheinenden Bergstellungen der
Julischen Alpen erwartete die italienische zweite Armee des Generalleutnants
Capello den Vorstoß der Deutschen und Osterreich-Ungarn. Die Vorbereitungen
zum Angriff, das Durchschleusen unserer Divisionen auf engen, weithin ein-
zusehenden Talstraßen, die Angriffsgruppierungen konnten nicht verborgen bleiben.
Unerklärlich bleibt aber die geringe Gegenwirkung des Feindes während der letzten
Tage vor dem Angriff.
Der italienische Oberkommandierende General Graf Cadorna war zuversichtlich
und meldete: „Der Gegner hat unter starker Mitwirkung von deutschen Truppen
und Kriegsmitteln ansehnliche Kräfte an unserer Front für eine Offenside ver-
sammelt. Der feindliche Stoß findet uns fest und gut vorbereitet.“ — Am
24. Oktober befiehlt Below den Angriff. Deutsche und österreichisch-ungarische
Stoßdivisionen dringen unwiderstehlich gegen die italienische Front. Ein gewaltiger
Druck erschüttert den Gebirgswall. Ganze Stellungssysteme wanken. Weite Ab-
schnitte geben nach und werden durchstoßen. Der Durchbruch ist nicht aufzuhalten.
In tiefe, klaffende Lücken dringen Stoßtruppen frontal, flankierend, umfassend und
aufrollend durch die Alpenstellung. In zweieinhalb Tagen wird zweieinhalbjährige
Arbeit in Stücke zertrümmert. Ohne Beispiel in der Kriegsgeschichte ist der Ge-
danke, der diesen Durchbruchsplan ersann, ohne Beispiel die Entschlossenheit der
Führung und der sieghafte Angriffsgeist der Truppe. Infanterie stürmt Alpen-
gipfel. Vergessen sind endlose Märsche auf nassen Straßen, vergessen kalte Nächte
bei strömendem Regen unter freiem Himmel. Truppen, die das Hochgebirge nicht
kennen, wetteifern mit gebirgserfahrenen Divisionen. General von Below fordert
die Höchstleistung der 14. Armee: den Durchbruch des ganzen Stellungsnetzes im
ersten Anlauf über die Berge der Alpen. Um 2 Uhr nachts am 24. Oktober be-
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