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vertragsmäßig berechtigt nicht angesehen werden kann. Die genannten beiden
Mächte sind . es sich selbst und dem Deutschen Bunde schuldig, einen solchen
Zustand nicht zuzulassen.
Sie richten daher an die königlich dänische Regierung noch einmal die aus-
drückliche Aufforderung, die auf keinem Rechtsgrunde beruhende Verfassung vom
18. November 1863 wieder aufzuheben und dadurch wenigstens den vorherigen status
quo als die notwendige Vorbedingung jeder weiteren Verhandlung wieder herzustellen.
Sollte die königlich dänische Regierung dieser Aufforderung nicht entsprechen,
so würden die beiden genannten Mächte sich genötigt sehen, die ihnen zu Gebote
stehenden Mittel zur Herstellung des status quo und Sicherung des Herzogtums
Schleswig gegen die widerrechtliche Vereinigung mit dem Königreiche Dänemark
in Anwendung zu bringen.
Die unterzeichneten bisherigen Gesandten der beiden Mächte sind an-
gewiesen worden, die Aufhebung der Verfassung vom 18. November v. J. zu
verlangen, und wenn die Erklärung, daß dieselbe erfolgt sei, ihnen nicht im Laufe
des 18. d. Mts. zugeht, Kopenhagen zu verlassen.
den 16. J 1864.—
Kopenhagen den 16. Januar 186 Brenner. Balan.
33.
Der ÜUbergang nach Alsen.
29. Juni 1864.
Quelle: Brief Moltkes an seine Frau vom 3. Juli 1864.
Fundort: Helmuth von Moltke, Briefe an seine Braut und Frau. Stuttgart u. Leipzig 1910. S. 307—315.
Nach beendeter Partie Whist um 10 Uhr folgte ich mit Podbielsli in meinem
Wagen von hier über Gravenstein nach Schanze X, von wo man den Alsensund
wie einen breiten Fluß in der Morgendämmerung zu unseren Füßen glänzen sah.
Dunkel lag noch die blutgetränkte Höhe von Düppel zur Linken, gekrönt von der
Ruine der einst so stattlichen Mühle, rechts Sonderburg mit seinem finsteren
Schloß am Meer, wo Christian der Böse lange Jahre den Kampf gegen den
schwedischen und dänischen Adel zu betrauern hattele) .. Tiefe Stille lag auf
Alsen; von unserer Seite hörte man aus der Ferne den eigentümlichen Ton von
Fuhrwerk und eisernen Achsen. Es war die reitende Artillerie, die sich noch nach
Rackebüll bewegte, wo sie in Reserve verbleiben sollte, sonst nichts.
Das Wetter war ungemein günstig, ausnahmsweise windstill, ein trüber,
verschleierter Himmel, daher so dunkel, wie es um die Zeit der größten Tages-
länge in dieser Breite überhaupt nur werden kann, und eine milde Temperatur.
Noch fehlten wenige Minuten an zwei Uhr, dem Augenblick, wo unsere Boote
an vier Stellen zwischen dem südlichsten Rand von Satrup-Holz nach Schnabecks-
hage vom Ufer abstoßen mußten.
Das Herabbringen der Kähne und das Schurren der flachen Boote über das
Geröll des Strandes scheint unbemerkt geblieben zu sein. Jenseits rührte sich nichts;
friedliche Ruhe lag über der schönen Gegend, und nur die Lerche erhob sich
singend aus den wogenden Kornfeldern, welche bald der Schauplatz blutigen
Kampfes werden mußten.
1) Der im Reformationszeitalter lebende und wegen seiner Grausamkeit abgesetzte
König Christian II. von Dänemark wurde hier von 1531—1549 in strenger Haft gehalten.