Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Dritter Teil. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. (3)

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Ein ungeheures Gebrüll verriet, daß „Rolf Krake“ jetzt aus dem Schlummer 
erwacht sei. Der Ton seiner hundertpfündigen Armstrongs auf dem eisernen 
Resonanzboden ist unverkennbar. Vergeblich schleuderte er seine Riesengeschosse 
gegen unsere Tirailleurs. Er wurde von den vierundzwanzigpfündigen Gezogenen 
sofort begrüßt und zog sich wieder in die Bucht zurück. 
Unterdes hatte General Manstein sich längs des Strandes südlich vorbewegt, 
wo es selbst zu lebhaftem Handgemenge kam. Die feindlichen Batterien wurden 
in der Kehle eine nach der anderen angegriffen und die Besatzungen gefangen 
genommen (darunter ein Offizier von der Leibgarde in rotem Rock). Ebenso 
setzten sich die Märker in Besitz von Groß-Moose, und erst am Abschnitt von Kjär 
stieß man auf einen lebhaften Widerstand geschlossener Abteilungen, die bis dahin 
versammelt waren. Es kam hier das Vordringen einen Moment zum Stehen in 
einem lebhaften Gefecht, welches wir von unserem Standpunkt nicht übersehen 
konnten. General Herwarth!) griff dort persönlich ein und traf im Tirailleurfeuer 
des Feindes mit unvergleichlicher Ruhe seine Anordnungen. Jetzt waren auch die 
ersten Feldgeschütze über das Wasser geschafft. Der Rückzug der Dänen wurde 
allgemein, und der „tappre Landsoldat“ beschleunigte dabei seine Schritte sehr 
merklich. 
Schon wurden ganze Scharen von Gefangenen von wenig Bewaffneten wie 
Herden an den Strand getrieben. Bewundernswert war die Dreihörigkeit unserer 
Westfalen von der Göbenschen Brigade, die gegen Sonderburg vordrangen und 
die Dänen hinter einem Knick im Rücken beschossen, während sie selbst in der 
augenscheinlichsten Gefahr schwebten, von Sonderburg aus selbst im Rücken gefaßt 
zu werden. Ganze Schwärme vom Feinde liefen durch die Kornfelder zurück. 
Eine Batterie nach der anderen verstummte, und ihre Besatzung flüchtete. Eine 
Haubitzbatterie rasselte auf unserem Ufer im scharfen Trabe herbei; aber es war 
schwer, zu unterscheiden, was drüben Feind, was Freund, so daß man nur auf 
die entferntesten Zielpunkte zu feuern wagte. 
Inzwischen war es acht Uhr geworden, und die Sonne beschien ein Gemälde, 
welches ein Schlachtenmaler nicht schöner wünschen kann. Noch schwebten fort— 
während die kleinen runden Dampfwolken über der uns zunächst links liegenden 
Batterie. Ich glaube, daß sie ziemlich viel verloren haben muß. Vor uns stand 
ein schönes Haus dicht an der Landbrücke in Sonderburg in hellen Flammen. 
Wir vermeinten, daß eine Granate aus der vierundzwanzigpfündigen Batterie 
zur Rechten unglücklicherweise dort gezündet habe; es stellte sich aber bald heraus, 
daß die Dänen bei Räumung des Ortes die eigene Stadt rücksichtslos dem Ver- 
derben preisgegeben hatten. Dieselbe war völlig von den Einwohnern verlassen, 
und der Brand hätte bei anderer Windrichtung bald alles einäschern können. 
Dänische Gefangene wurden zum Söschen angestellt. Ebenso hatte der Feind 
seine großen Barackenlager bei Ulkebüll und Wollerup in Brand gesteckt. Die mit 
Stroh gefüllten Bretterhütten flammten in heller Lohe empor, und zwei schwarze 
Rauchstreifen zogen einen Trauerflor über die langgestreckte Insel. Weiter rechts 
flimmerte in der Morgensonne das Meer, bedeckt mit zahllosen Segeln. Da lagen 
die mächtigen Kriegsschiffe, umschwärmt von Fahrzeugen aller Größe. Diese ganze 
Gesellschaft hatte sich eilends aus Höruphaff hinausgemacht, da nach wenig Mi- 
nuten unsere Batterien ihr die Ausfahrt vom Süderholz versperren konnten. 
1) Dieser kommandierte das Armeekorps, das die Wegnahme der Insel Alsen bewirkte.
	        
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