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B. Preußens Verwahrung gegen das Verfahren Osterreichs.
1. Quelle: Depesche Bismarcks an den preußischen Gesandten in Wien
vom 3. Juni 1866.
Fundort: Aegidi und Klauhold a. a. O. Bd. 11. Nr. 2299.
. . Die Königliche Regierung kann in dieser Erklärung des Wiener Hofes
nichts anderes als die ausdrückliche Lossagung von dem Gasteiner Vertrage er-
kennen, durch welche die von demselben getroffenen Verabredungen hinfällig
werden.
Wir stehen somit wiederum auf dem einfachen Boden des Wiener Friedens
vom 30. Oktober 1864, und Seine Majestät der König wird den General von
Manteuffel mit der Wahrung der Preußen aus diesem Vertrage zustehenden
Souveränitätsrechte an Holstein beauftragen.
Im Prinzip mit der Berufung der Stände einverstanden, müssen wir doch
der Kaiserlichen Regierung das Recht, sie- nach ihrer Lossagung vom Gasteiner
Vertrage noch einseitig vorzunehmen, absprechen. Damit dieselbe gesetzliche Wirkung
habe, ist unsere Zustimmung und eine nicht von Österreich allein, sondern von
beiden Souveränen erteilte Vollmacht erforderlich, und die Regierung Seiner
Majestät des Königs, unseres allergnädigsten Herrn, muß gegen jeden Versuch
dieser Art, die Souveränität nunmehr noch einseitig auszuüben, Verwahrung ein-
legen, wozu Ew. Exzellenz hierdurch den Auftrag erhalten
2. Quelle: Erklärung Preußens in der Sitzung der Bundesversammlung
vom 9. Juni 1866.
Fundort: Aegidi und Klauhold a. a. O. Bd. 11. Nr. 2308.
Die Königliche Regierung nimmt keinen Anstand zu erklären, daß sie weit
davon entfernt ist, die Angelegenheit der Herzogtümer, welche auch sie vermöge
der Verbindung Holsteins mit Schleswig als eine nationale betrachtet, anders als
im Sinne dieser ihrer Auffassung lösen zu wollen. Sie hat es schon in einer nach
Wien gerichteten Depesche vom 7. v. M., welche der Gesandte ebenfalls der hohen
Bundesverversammlung vorzulegen die Ehre hat, ausgesprochen, daß sie die
schleswig-holsteinische Angelegenheit in Verbindung mit der Bundesreform zu be-
handeln bereit ist und gerade in dieser Verbindung eine Erleichterung der fried-
lichen Lösung sieht. Sie erwartet auch jetzt nur den Augenblick, wo sie diese
Frage mit einer Bundesgewalt verhandeln und erledigen kann, in welcher die
Mitwirkung der nationalen Vertretung dem Einflusse partikularer Interessen das
Gegengewicht hält und die Bürgschaft gewährt, daß die von Preußen gebrachten
Opfer schließlich dem gesamten Vaterlande und nicht der dynastischen Begehrlichkeit
zugute komment). Unter den gegenwärtigen Umständen aber und bei der positiven
Begrenzung, welcher die Kompetenz der Bundesversammlung durch die bestehende
Verfassung unterliegt, muß sie Einspruch dagegen erheben, daß über eigene, durch
blutige Kämpfe und durch internationale Verträge erworbene Rechte ohne ihre
Zustimmung Verfügung getroffen werde.
In betreff der von der Kaiserlichen Regierung mit ihrer Erklärung ver-
bundenen Anzeige, daß dem Freiherrn v. Gablenz Spezial-Vollmacht zur Ein-
berufung des holsteinischen Landtages erteilt worden sei, hat der Gesandte
1) Vgl. Nr 24 und 31.