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seiner Mitglieder zum Schutze Preußens gegen willkürlichen Angriff Osterreichs
nur Rüstungen mehrerer Bundesglieder ohne Aufklärung über den Zweck der—
selben zur Folge gehabt haben, mußte die Königliche Regierung die äußere und
innere Sicherheit, die nach Artikel 2 der Bundesakte1) der Hauptzweck des
Bundes ist, bereits als in hohem Grade gefährdet erkennen.
Diese ihre Auffassung hat der vertragswidrige Antrag Osterreichs und dessen
eingehende, ohne Zweifel auf Verabredung beruhende Aufnahme durch einen Teil
ihrer bisherigen Bundesgenossen nur noch bestätigen und erhöhen können.
Durch die nach dem Bundesrechte unmögliche Kriegserklärung gegen ein
Bundesmitglied, welche durch den Antrag Osterreichs und das Votum der
Regierungen, welche ihm beigetreten sind, bedingt ist, sieht das Königliche Kabinett
den Bundesbruch als vollzogen an.
Im Namen und auf allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Königs, seines
allergnädigsten Herrn, erklärt der Gesandte daher hiermit, daß Preußen den
bisherigen Bundesvertrag für gebrochen und deshalb nicht mehr ver-
bindlich ansieht, ihn vielmehr als erloschen betrachten und behandeln
wird.
Indes will Se. Majestät der König mit dem Erlöschen des bis-
herigen Bundes nicht zugleich die nationalen Grundlagen, auf denen
der Bund auferbaut gewesen ist, als zerstört betrachten.
Preußen hält vielmehr an diesen Grundlagen und an der über die
vorübergehenden Formen erhabenen Einheit der deutschen Nation fest
und sieht es als eine unabweisliche Pflicht der deutschen Staaten an,
für diese den angemessenen Ausdruck zu finden.
Die Königliche Regierung legt ihrerseits die Grundzüge einer neuen,
den Zeitverhältnissen entsprechenden Einigung hiermit noch vor-) und
erklärt sich bereit, auf den durch eine solche Reform modifizierten
Grundlagen einen neuen Bund mit den deutschen Regierungen zu
schließen, welche ihr dazu die Hand reichen wollen.
Der Gesandte vollzieht die Befehle seiner allerhöchsten Regierung, indem er
seine bisherige Tätigkeit hiermit nunmehr für beendet erklärtt
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König Wilhelms Aufruf „An mein Volk“.
18. Juni 1866.
Fundort: Kriegsgeschichtliche Abteilung des Großen Generalstabs, Der Feldzug von 1866 in Deutschland.
Berlin 1867. Anlage 8.
An mein Volk!
In dem Augenblicke, wo Preußens Heer zu einem entscheidenden Kampfe
auszieht, drängt es mich, zu meinem Volke, zu den Söhnen und Enkeln der
tapferen Väter zu reden, zu denen vor einem halben Jahrhundert mein in Gott
ruhender Vater unvergessene Worte sprach.
„Das Vaterland ist in Gefahr!“
Osterreich und ein großer Teil Deutschlands stehen gegen dasselbe in Waffen!
1) Vgl. Nr. 2. « . « ·
„) Vgl. C. Der Entwurf war den einzelnen Regierungen bereits am 10. Junie
übersandt worden.