Entwicklung des Krieges
Inzwischen erfuhren die Dinge eine weitere Zuspitzung.
Seit der zweiten Augusthälfte lauteten die Nachrichten aus
Bukarest zwar unklar und widerspruchsvoll; aber im Zu-
sammenhang mit der Gesamtlage hatteich aus dem, was mir
bekannt wurde, den Eindruck, daß Rumänien im Begriff
sei, gegen uns loszuschlagen. Ich ließ mich in dieser Be-
urteilung, aus der heraus ich schon seit längerer Zeit auf
den schleunigen Abtransport des von Deutschland gekauften
rumänischen Getreides hingewirkt hatte, auch durch die
lügnerischen Versicherungen des Ministerpräsidenten Bra-
tianu und des rumänischen Königs nicht irremachen. Als
mir am Sonntag, 27. August, der Kanzler gegen ıı Uhr
durchs Telephon sagte — in Dingen, die nicht für alle
Ohren bestimmt waren, pflegten wir französisch zu tele-
phonieren —: „L’Italie nous a declar& la guerre,‘“ ant-
wortete ich: „Et la Roumanie suivra sur-le-champ.‘“‘ Im
Auswärtigen Amt hatte man noch Zweifel. Abends um
II Uhr teilte mir der Kanzler mit, daß die rumänische
Kriegserklärung in Wien überreicht worden sei. Bei der
ernsten Lage auf allen Kampffronten nahm der Kanzler
die Nachricht sehr schwer. Es blieb uns natürlich keine
Wahl, als die rumänische Kriegserklärung an Österreich-
Ungarn sofort mit unserer Kriegserklärung an Rumänien
zu beantworten. Noch in der Nacht wurde an die sämt-
lichen Bundesregierungen telegraphiert. Ich schlug vor,
sofort auch mit den Parteiführern wegen Einberufung
des Reichstags in Verbindung zu treten. Bei diesen regten
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