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deren Geschichte wenigstens in flüchtigen Umrissen weiter zu ver—
folgen nunmehr unsere Aufgabe ist.
Nachdem ziemlich drei Jahrhunderte lang die Sorben-Wenden
in friedlicher kultivierender Thätigkeit unangefochten das Land be—
sessen und auf eine höhere Stufe der Entwickelung geführt hatten,
begann das neugekräftigte und mächtig sich entfaltende Deutschtum
wieder ostwärts vorzudringen und das alte Vätererbe mit Waffen—
gewalt in einem langen Vernichtungskriege gegen die Slaven wieder
zu erobern. Unter Kaiser Karl dem Großen geschah, wie oben erwähnt,
der erste Vorstoß über die Grenze, welche von der Saale gebildet
wurde; denn Sala Thuringos et Sorabos dividit, sagt Karls Ge-
schichtsschreiber Eginhard, und an anderer Stelle zum Jahre 782:
Sorabi Sclavi, qui campos inter Albim et Salam interiacentes
incolunt. Bei jenem Heerzuge der Sachsen, der im Jahre 805 auch
gegen Demelchion oder, wie wahrscheinlich, gegen Daleminzien sich
richtete, wurde der Fürst Samela oder Semil zur Unterwerfung
genötigt, im nachfolgenden Jahre ebenso auch andere Sorbenhäupt-
linge, während Miloduch und Mések (richtiger als Miliduoch
und Misito oder Misico) den Tod fanden. Während der letzten
Regierungsjahre Karls hielten die Sorben Ruhe und leisteten
Gehorsam; allein alsbald nach seinem Tode, wo vor Ludwig dem
Frommen auf dem Reichstage zu Paderborn die anderen Slaven-
fürsten zwar erschienen, nicht aber die sorbischen Häuptlinge, mußte
ein neuer Feldzug das Volk zur Botmäßigkeit zwingen. Gleich-
wohl genügte auch dies noch nicht. Nachdem 826 der Sorben-
häuptling Tunglo (Tuliglow?) einen Sohn als Geisel zur Ver-
bürgung seiner Treue hatte stellen müssen und doch wiederum 839
eine allgemeine Erhebung erfolgt war, wurde eine größere Zahl feind-
licher fester Plätze erobert, darunter auch Kesigesburchu), wobei
der Fürst der Colodizer Cimusclus oder Ctimysl fiel, und durch
so thatkräftiges Vorgehen das Sorbenvolk einigermaßen gedemütigt.
Zur größeren Sicherung der Reichsgrenze diente die Errichtung des
limes sorabicus, einer Verschanzungslinie im Saalgebiete, mit deren
Erhaltung und Verteidigung Grenzgrafen betraut wurden. Uber
diese hinaus wurden nun wiederholte Züge gegen die unruhigen
und widerspenstigen Nachbarn unternommen. 852 und 856 be-
kämpfte Ludwig der Deutsche siegreich die Daleminzier, wodurch ein
1) Kesigesburch im Gau Coledizi dürfte Kösitz an der Fuhne sein, um
dessen Rittergut noch heute ein hoher Wall sich zieht. Pertz, Mon. Germ. I,
436. Zu diesen Vorgängen überhaupt vergl. Böttiger-Flathe, Geschichte von
Sachsen I, 24.