VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE.
An zusammenfassenden Darstellungen des heute geltenden Rechts ist in
der deutschen Literatur zum mindesten kein Mangel. Wenn der Band ‚Syste-
matische Rechtswissenschaft‘‘ unseres Enzyklopädiewerkes gleichwohl bereits
so kurze Zeit nach seinem ersten Erscheinen hier in neuer Auflage vor die
Öffentlichkeit treten kann, so hat er diesen Erfolg nicht zuletzt dem Umstande
zu verdanken, daß in ihm nach dem Urteil der Fachkritik die Fundamental-
forderung des Programms der „Kultur der Gegenwart‘, aus der Fülle der
wissenschaftlichen Einzelerscheinungen überall die großen leitenden Ideen in
den Vordergrund der Betrachtung gerückt zu sehen, in besonders hohem Maße
verwirklicht worden ist.
Diesem Ziele noch näher zu kommen, hat es die neue Ausgabe an Be-
mühungen nicht fehlen lassen. Dennoch wird auch bei dem vorliegenden
Bande für spätere Auflagen genügend zu tun bleiben. Auf zwei Punkte möchte
ich dabei schon heute das Augenmerk lenken. Noch immer zeigt sich auch
in der neuen Ausgabe der Umkreis der Betrachtung vielfach allzu eng auf den
Geltungsbereich des deutschen Rechts beschränkt; namentlich die das Staats-
recht behandelnde knapp bemessene Skizze Labands läßt den Wunsch rege
werden, von derselben Meisterhand in den künftigen Auflagen eine ergänzende
Darstellung des Staatsrechts der wichtigsten anderen Kulturvölker zu erhalten.
Und zweitens. Wenn diese Systematik des heutigen Rechts auch der Natur
unseres Gesamtwerkes entsprechend auf die großen zentralen Disziplinen der
Jurisprudenz den Hauptnachdruck legen muß, so wird sie doch andererseits
in Zukunft nicht länger an der Tatsache vorbeigehen dürfen, daß mit der
zunehmenden Sozialisierung der modernen Gesellschaft und mit der steten
Steigerung des internationalen Verkehrs eine Anzahl von Rechtswissenschafts-
gebieten, die ehedem rein peripheren Charakter trugen, dem Brennpunkt des
öffentlichen Interesses so viel näher gekommen sind, daß sie fortan auch im
Rahmen unseres Systems auf eine Sonderbehandlung Anspruch erheben dürfen.
Bei der verhältnismäßig kurzen Frist, innerhalb der die neue Ausgabe fertig-
gestellt werden mußte, war die Forderung diesmal nicht mehr zu erfüllen.
Aber die künftigen Auflagen werden mit ihr auf alle Fälle zu rechnen haben,
und dann wird auch das Versicherungsrecht, das in dieser zweiten Ausgabe
leider nicht mit einem besonderen Artikel vertreten ist, den seiner Bedeutung
für das moderne Kulturleben entsprechenden Platz erhalten.
PAUL HINNEBERG.