System des bürgerlichen Rechts, B. Das Recht der Schuldverhältnisse. 103
ergänzen, also durch entgegengesetzte Parteivereinbarung ausgeschlossen
werden können.
Die Schuldverträge sind entweder gegenseitig oder nur einseitig Arten derSchuld-
verpflichtender Natur. Durch den gegenseitig verpflichtenden Schuldvertrag
(z. B. den Kauf, die Miete) werden beide Teile Gläubiger und Schuldner. Durch
den einseitig verpflichtenden Schuldvertrag aber erwirbt nur der eine ein Forde-
rungsrecht, so daß er durch den Vertrag lediglich bereichert, der andere ledig-
lich belastet wird. Die gegenseitigen Verträge verpflichten nur zur Leistung
gegen Gegenleistung: die Forderung eines jeden Teils ist durch Gegenforderung
gebunden, Zweck und Nutzen des Geschäfts liegt lediglich in der Zukunft.
Der einseitig verpflichtende Schuldvertrag, z. B. der Wechsel, das Inhaber- Wechsel-
papier (die Banknote), besitzt dagegen die Fähigkeit, dem Gläubiger schon "re.
gegenwärtig einen Wertgegenstand zu verschaffen. Hier ist die Forderung
nicht durch eine Gegenforderung des anderen Teils behindert. Hier kann die
Forderung durch strengrechtlich, genau nach dem Wortlaut verpflichtendes
Schuldgeschäft zu einem fest umgrenzten Recht gemacht werden, das für den
Verkehr sofortigen berechenbaren Wert besitzt. Die gegenseitigen Schuld-
verträge vermitteln den Austausch von Werten. Der einseitig verpflichtende
Schuldvertrag ist imstande, zur Erzeugung von Werten dienstbar zu sein;
der Wechsel ist das Papiergeld der Kaufleute.
Die Verpflichtungen aus unerlaubten Handlungen sind Schadens- Unerlaubte
ersatzverpflichtungen. Wer schuldhaft fremde Rechtsgüter schädigt, soll dem"
Geschädigten zur Ausgleichung seines Schadens verpflichtet sein.
Im allgemeinen hat das bürgerliche Gesetzbuch am Verschuldungs-
prinzip festgehalten. Wo keine Schuld, da keine Ersatzpflicht. Für fremde
Schuld wird nicht gehaftet. Das Verursachungsprinzip (die Haftung für den
Kausalzusammenhang als solchen) ist abgelehnt. Wenn ein Gehilfe, der zu
irgendwelcher Verrichtung bestellt wurde, Schaden anrichtet, so wird dem
Unternehmer der Verrichtung (der den Gehilfen bestellte) der Entlastungs-
beweis verstattet: er ist frei, wenn er dartut, daß er ohne eigenes Verschulden
war, daß insbesondere in der Bestellung dieses Gehilfen kein Verschulden lag.
Anders geartet ist der Fall des Erfüllungsgehilfen, d.h. der Fall, daß der Gehilfe
für eine Verrichtung bestellt ward, die einem anderen geschuldet wurde (z.B.
der Bau eines Hauses, die Ausbesserung einer Sache): demGläubiger haftet der
Schuldner für Verschulden seines Gehilfen in der Erfüllung, aber nicht unter dem
Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung, d.h. nicht unter dem Gesichtspunkt
einer Haftung für fremdes Verschulden als solches, sondern kraft der Haftung
des Schuldners für Erfüllung seiner bereits bestehenden Schuldverbindlichkeit.
Das Verursachungsprinzip ist für die gesetzliche Schadensersatzpflicht Verursachungs-
vom bürgerlichen Gesetzbuche nur ausnahmsweise zugrunde gelegt worden. ""?
Der von einem Unzurechnungsfähigen, z. B. einem Kinde oder einem Geistes-
kranken verursachte Schaden soll von dem Unzurechnungsfähigen, obgleich
er rechtlich eines Verschuldens unfähig ist, ersetzt werden, sofern Ersatz des
Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann und