Haustesitzer-
vereine.
Mietervereine.
108 RUDOLPH SOHM: Bürgerliches Recht,
verhältnisses muß eine gewisse Zeit vorher angekündigt werden. Für den
Fall, daß der Vertrag die Kündigungsfrist, d. h. die Zeit der Vorausankündigung,
nicht bestimmt, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Bei Grundstücks-
miete gilt als gesetzliche Regel vierteljährige Kündigung (für den Schluß eines
Kalendervierteljahrs); bei Grundstückspacht halbjährige Kündigung (für den
Schluß eines Pachtjahrs); bei Miete beweglicher Sachen (als Regel) dreitägige
Kündigung (am dritten Tage vor Endigung des Mietverhältnisses). Bei Tod des
Mieters kann, auch wenn das Mietverhältnis auf längere Zeit eingegangen war,
das Mietverhältnis von beiden Teilen (dem Erben und dem Vermieter) unter
Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Das gleiche
gilt zugunsten des Mieters für Militärpersonen, Beamte, Geistliche, Lehrer
an öffentlichen Unterrichtsanstalten, falls ihre Versetzung an einen anderen
Ort stattfindet.
Alle diese Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs haben die gerechte
Regelung des Verhältnisses zwischen Mieter und Vermieter in Absicht. Ihrer
Mehrzahl nach kommen sie dem Mieter zugute, der in der Regel bei Abschluß
des Mietvertrags der schwächere Teil ist. Die Rechtssätze von der Miete sind
mit einem Tropfen sozialen Öls gesalbt. Der weitaus größte Teil des deutschen
Volkes wohnt zur Miete. Das Interesse des Mieters ist zugleich das Interesse
der minderbemittelten breiten Volksmasse. Wie in der Gewährung der Besitz-
ansprüche an den Mieter, so kommt in dem Mietrecht des bürgerlichen Ge-
setzbuchs ein bürgerlicher sozialliberaler Gedanke zum Ausdruck.
Aber auf dem Gebiete des Mietrechts ist der Zweck des Gesetzgebers nur
unvollkommen erreicht worden. Die Rechtssätze des bürgerlichen Gesetzbuchs
von der Miete sind fast durchweg nicht zwingender, sondern nur ergänzender
Natur. Alles kann (von verschwindenden Ausnahmen abgesehen) durch Partei-
vereinbarung anders geregelt werden. Darin liegt die Macht des Vermieters,
des Hausbesitzers. In Wahrheit stellen regelmäßig nicht die Rechtssätze des
bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern die Paragraphen des Mietvertrags das für
das einzelne Mietverhältnis geltende Mietrecht dar. In den von den Haus-
besitzervereinen aufgestellten Mietverträgen, die nur allzuoft von dem Mieter
ohne volle Würdigung ihres Inhalts unterschrieben werden, pflegen die sämt-
lichen dem Mieter günstigen Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs weg-
bedungen und insbesondere dem Vermieter ein scharfes, den Mieter in weitem
Maße von der Willkür des Hausbesitzers abhängig machendes Kündigungs-
recht eingeräumt zu werden. Der Satz von der Postnumerandozahlung der Miete
steht, für die großen Städte wenigstens, lediglich auf dem Papier: kraft des
Mietvertrags muß pränumerando gezahlt werden, d. h. der Mieter ist zur Vor-
leistung verpflichtet. Im wesentlichen ebenso verhält es sich mit der Vorschrift,
daß dem Mieter erst nach zweimaliger Versäumung des Mietzinses vorzeitig
gekündigt werden kann, mit dem gesetzlichen Kündigungsrecht des mieterischen
Erben, des versetzten Beamten usf.
Diesen Zustand zu beseitigen ist der Gesetzgeber kaum in der Lage. Einer
durchweg zwingenden Regelung des Mietverhältnisses steht der Umstand ent-