Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

II4 RupoLpH SOHM: Bürgerliches Recht. 
schriften über die Fürsorgepflicht sind zwingender Natur. Sie können durch Ver- 
einbarung nicht geändert oder ausgeschlossen werden. Um die Freiheit des 
Dienstverpflichteten zu schützen, ist seine Vertragsfreiheit gemindert. 
Höhere Dienste. Das Dienstverhältnis der höher Gebildeten, insbesondere der Lehrer, Er- 
zieher, Privatbeamten, Gesellschafterinnen wird, falls ihre Erwerbstätigkeit 
wesentlich in dem Dienstverhältnis aufgeht, durch den Satz geschützt, daß 
Kündigung im Zweifel nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und unter 
Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zulässig ist. Für die 
Regel ist sonst die Frist, nach der die Vergütung bemessen ist, auch die Kün- 
digungsfrist. Wird ein dauerndes Dienstverhältnis gekündigt, so hat der Dienst- 
berechtigte dem Verpflichteten angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen 
Dienstverhältnisses zu gewähren. Bei Beendigung des dauernden Dienstverhält- 
nisses kann der Verpflichtete ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis 
und dessen Dauer fordern; nur auf Verlangen des Verpflichteten ist das Zeugnis 
auch auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. 
Geschäfts- Auch die Besorgung von Geschäften, z.B. Einkauf oder Verkauf von 
Desorgune- Waren, kann Gegenstand eines Dienstvertrags sein. Der Vertrag über unent- 
geltliche Geschäftsbesorgung ist nach dem bürgerlichen Gesetzbuche ein Auf- 
trag, der Vertrag über entgeltliche Geschäftsbesorgung aber (z. B. das Kom- 
missionsgeschäft des gewerblichen Kommissionärs) ein Dienstvertrag. Für den 
auf Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstvertrag gelten, soweit die Dienst- 
verpflichtung (die Geschäftsbesorgung) in Frage steht, die Rechtssätze vom 
Auftrage; soweit es sich um das Recht auf Vergütung handelt, die Rechtssätze 
vom Dienstvertrage. 
Immer wieder erhellt der unermeßliche Umfang des von dem Dienstvertrag 
beherrschten Gebiets. Aber trotz der Spannweite, die hier den Rechtssätzen zu 
geben war, hat das bürgerliche Gesetzbuch es verstanden, in seinem Recht vom 
Dienstvertrage ein Werk aufzuführen, das größte Raumverhältnisse mit Kraft 
des Aufbaus verbindet. Das Recht des bürgerlichen Gesetzbuchs vom Dienst- 
vertrage, von den sozialen Gedanken der Gegenwart durchleuchtet, kommt 
einer mächtigen lichten Halle gleich, im Glas- und Eisenstil der Neuzeit. 
Gegensatz von VIII. Der Werkvertrag. Das Recht vom Werkvertrage erscheint als 
an Ergänzung des Rechts vom Dienstvertrage. Werkvertrag ist der Vertrag über 
entgeltliche Leistung eines Arbeitserfolges. Im Dienstvertrag handelt es sich 
um die Leistung von Arbeitskraft: die Arbeit als solche soll vergütet werden, 
auch wenn der erwünschte Erfolg ausbleibt. Der Arzt fordert sein Honorar, 
auch wenn der Kranke stirbt, der Rechtsanwalt seine Gebühren, auch wenn 
der Prozeß verloren geht, der Arbeiter seinen Lohn, auch wenn das vom Arbeits- 
herrn unternommene Werk mißlingen sollte. Daher die beim Dienstvertrage 
häufige Form des Zeitlohns. Aber die Vergütung kann natürlich auch in anderer 
Weise bestimmt sein. So kann auch der Dienstvertrag auf Stücklohn (Akkord- 
arbeit) geschlossen werden, so daß der Arbeiter ohne Rücksicht auf die Arbeits- 
zeit nach Maßgabe des hergestellten Erfolges bezahlt wird. Es besteht dennoch
	        
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