System des bürgerlichen Rechts. D. Das Familienrecht. 139
Ziel aller sozialpolitischen Gesetzgebung, das auch für die Frage der Unehe-
lichen von beherrschender Bedeutung ist: wirtschaftliche Hebung, damit sitt-
liche Kraft gewonnen werde!
Die elterliche Gewalt über das eheliche Kind schließt die Erziehungs- Inhalt der eier
gewalt und die Vertretungsgewalt in sich. Sie macht zum gesetzlichen Vertreter
des Kindes, d.h. sie bedeutet die Entscheidungsgewalt über die Angelegen-
heiten des Kindes. Das Kind ist der elterlichen Gewalt untertan.
Solange der Vater lebt, hat er, und zwar er allein, die elterliche Gewalt. Väterliche
Die Mutter nimmt während der Dauer der Ehe nur neben dem Vater und in
Unterordnung unter den Vater (dessen Stimme bei Meinungsverschiedenheit
entscheidet) Anteil an der Erziehungsgewalt; Vertretungsgewalt ist ihr nur ge-
geben, wenn und solange der Vater an der Ausübung der elterlichen Gewalt
verhindert ist. Wenn aber der Vater stirbt, so geht die volle elterliche Gewalt
auf die Mutter über, — eine wichtige Neuerung des bürgerlichen Gesetzbuchs.
Nach bisherigen Recht gab es, ebenso wie nach römischem Recht, in Deutsch-
land nur eine väterliche Gewalt. Die Mutter erschien als der elterlichen Ge-
walt unfähig. Starb der Vater, so mußte für die minderjährigen Kinder Vor- Mütterliche
mundschaft angeordnet werden. Das ist nun anders geworden. Ist die Mutter wa
da, so wird kein Vormund mehr bestellt. Auf die Mutter geht mit der Erziehungs-
gewalt zugleich die Vertretungsgewalt über: sie ist nunmehr die gesetzliche Ver-
treterin ihrer Kinder. Nur ausnahmsweise tritt eine Beschränkung der mütter-
lichen Gewalt durch Bestellung eines Beistands ein, der sie bei Ausübung der
mütterlichen Gewalt zu unterstützen und zugleich zu überwachen hat. Die
elterliche Gewalt der Mutter erlischt, sobald sie sich wieder verheiratet. Grund-
sätzlich aber ist die Mutter zur Ausübung der elterlichen Gewalt ebenso be-
fähigt, wie der Vater. Die Frau erscheint im Recht des bürgerlichen Gesetz-
buchs auch an dieser Stelle als ebenso stark und ebenso klug wie der Mann.
Wie die Stellung der Mutter, so hat auch die Rechtslage der Kinder durch Dauer der elter-
das bürgerliche Gesetzbuch eine Änderung erfahren. Nach bisherigem Recht "**
dauerte die väterliche Gewalt, solange das Kind im väterlichen Haushalt lebte.
Auch das großjährige Kind blieb während der Dauer seiner Hausangehörigkeit
der väterlichen Gewalt unterworfen. Erst wenn die Tochter heiratete oder
der Sohn sich wirtschaftlich selbständig machte, endigte die väterliche Gewalt.
Anders nach dem bürgerlichen Gesetzbuche. Die elterliche Gewalt des Vaters
wie der Mutter endigt gleich der Vormundschaft mit der Großjährigkeit des
Kindes, auch wenn die Hausangehörigkeit fortdauert. Die elterliche Gewalt
ist der Vormundschaft angenähert worden. Auch darin, daß dem Vormund-
schaftsgericht eine gewisse Einflußnahme auf die Ausübung der elterlichen Ge-
walt eingeräumt ist. Die Gewalt des Hausherrn ist zugunsten der rechtlichen
Freiheit seiner Hausgenossen geschmälert worden. Die elterliche Gewalt dauert
nur noch, solange sie durch die Unmündigkeit, d. h. durch ein Schutzbedürf-
nis des Kindes gefordert ist.
Mit der elterlichen Gewalt ist die elterliche Nutznießung verbunden. Hat eltern Nutz-
das Kind Vermögen, z.B. infolge Erbgangs, so fällt der Ertrag des Kindes- HR