Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

Trusts. 
Handels 
geschäfte. 
168 KARL GAREIS: Handels- und Wechselrecht. 
Handeltreibenden, welche sich damit zu einem bestimmten wirtschaftlichen 
Verhalten in ihrem Geschäftsbetriebe verpflichten; die letztere Verpflichtung 
kann auf kürzere oder längere Frist erstreckt und damit das Kartell selbst lang- 
oder kurzlebig sein; die Kartelle von längerer Dauer pflegen eigene Organe zu 
haben, die kurzlebigen brauchen nicht organisiert zu sein. Ist der Zweck der 
Vereinbarung des Kartells die direkte, allerdings möglicherweise nur vorüber- 
. gehende Beeinflussung der Preisbildung, so heißt das Kartell Ring und ist ge- 
wöhnlich ohne besondere Organe. Zum Trust wird das Kartell, wenn die Mit- 
glieder nicht gleichberechtigt sind, sondern eine führende Großfirma das Über- 
gewicht in der Vereinigung ökonomisch und juristisch besitzt. 
Die Frage, ob sich die Kartelle im weiteren Sinne dem Gemeinwesen der 
menschlichen Gesellschaft nützlich erweisen oder schädlich, ob sie demnach zu 
fördern oder zu unterdrücken seien, ob letzteres überhaupt dem Staate möglich 
sei und mit welchen Mitteln, ist in den letzten Jahren vielfach erörtert worden. 
Auch der Deutsche Juristentag hat sich damit befaßt; am eingehendsten aber 
sind jene Fragen längst schon in der französischen Literatur über den acca- 
parement behandelt worden. Man scheint sich heutzutage immer mehr der 
Ansicht zuzuneigen, daß nur die Auswüchse der Kartelle zu unterdrücken seien, 
während das Kartellwesen im allgemeinen als wirtschaftlich zulässig, vielfach 
als nützlich anzuerkennen ist; zur Bekämpfung der als solche näher festzu- 
stellenden Auswüchse aber, welche wieder auf den Schutz wirtschaftlich Schwä- 
cherer hinausläuft, sollen, nimmt man an, die Mittel des gewöhnlichen bürger- 
lichen Rechtes (Anfechtbarkeit überspannter Vereinbarungen aus den Anfech- 
tungs- oder Nichtigkeitstiteln des bürgerlichen Rechtes und Schadenersatz- 
ansprüche wegen Verstoß gegen die guten Sitten), nötigenfalls mit zollpolitischen 
und anderen handelspolitischen Maßregeln des Staates oder der Staaten (Ge- 
stattung freier Einfuhr, Zollermäßigung, Aus- oder Einfuhrprämien, Staats- 
industrie, Staatsankäufe und Staatenkartelle) ausreichend sein. Für eine Spezial- 
gesetzgebung gegen die Kartelle würde die Mehrzahl der Staaten heute nicht 
zu haben sein. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist, wie bereits 
erwähnt (s. oben S. 158) die Frage zur politischen Frage im eminenten Sinne 
geworden. Handelsrechtlich interessant ist aber, daß Trusts und Kartelle sich 
in das Gewand von Quasi-Handelsgesellschaften (G. m. b. H.) (s. oben S. 167) 
kleiden können und wirklich schon unter solcher Rechtsfigur aufgetreten sind. 
VI Die Handelsgeschäfte. Das Recht der Handelsgeschäfte wird 
in seinen allgemeinen Bestimmungen heutzutage immer mehr vereinfacht; 
zum Teil hat dieses seinen Grund in der bereits erwähnten fortschreitenden 
sog. Kommerzialisierung des allgemeinen bürgerlichen Rechtes; in der Haupt- 
sache ist für Deutschland zu sagen, daß sowohl die im bürgerlichen Gesetzbuch 
buch gewonnene positive Rechtseinheit, als auch die gleichzeitige Entfernung 
unzeitgemäßer Rechtsinstitute (z. B. die der lex Anastasiana, die der Anfechtung 
wegen laesio enormis u. dgl.) zu jener Vereinfachung beigetragen haben. Immer- 
hin sind auch durch das heutige Handelsrecht noch einige Beziehungen des
	        
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