Schiedsgerichte.
Römisch-
kanonisches
Prozeßrecht.
Germeines
deutsches
Prozeßrecht.
Partikular-
gesetze.
Eranzösisches
Prozeßrecht.
204 LOTHAR VON SEUFFERT: Zivilprozeßrecht.
Das Erkenntnisverfahren kann durch rechtsgeschäftliche Bestimmung,
insbesondere durch Schiedsvertrag, einem Schiedsgerichte zugewiesen werden;
dadurch wird das Erkenntnisverfahren vor den staatlichen Gerichten ausge-
schlossen. Die Vollstreckungstätigkeit steht auch in einem solchen Falle den
staatlichen Organen zu.
II. Geschichte und Quellen des deutschen Prozeßrechts. Das
deutsche Prozeßrecht der Gegenwart, das der folgenden Darstellung zugrunde
liegt, ist das Ergebnis einer Entwicklung, an der altgermanisches Recht, römisch-
kanonisches Recht und französisches Recht beteiligt sind. Bei der Rezeption
des römischen und kanonischen Rechtes wurde auch das Prozeßrecht in Deutsch-
land eingeführt, das sich teils auf Grund der justinianischen Gesetze, teils auf
Grund päpstlicher Dekrete mit gewohnheitsrechtlichen Modifikationen in Italien
ausgebildet hatte. Das fremde Prozeßrecht verdrängte aber das germanische
Verfahren erst allmählich und nicht ohne daß einzelne Elemente dieses Ver-
fahrens in das sog. gemeinrechtliche Verfahren eingedrungen sind. Dieses gemeine
deutsche Prozeßrecht galt übrigens in Deutschland nur soweit, als nicht parti-
kuläres Recht bestand. Schon im 17. Jahrhundert wurden, insbesondere in den
Ländern des sächsischen Rechtes, zahlreiche Partikulargesetze erlassen, hinter
denen das gemeine Recht zurücktrat. Reichsgesetze über Prozeßrecht ergingen
bloß in bezug auf das Verfahren vor dem Reichs- und Kammergericht. Keines
dieser Reichsgesetze enthält eine vollständige Prozeßordnung; sie traten viel-
mehr als nur ergänzend und modifizierend zu dem rezipierten fremden Rechte
hinzu. Für das Verfahren vor den Territorialgerichten wurden die für das
Reichs- und Kammergericht erlassenen Gesetze dadurch bedeutsam, daß in
verschiedenen Reichsabschieden die Reichsstände angewiesen wurden, das Ver-
fahren bei den ihnen unterstellten Gerichten nach dem Muster des Kammer-
gerichtsprozesses einzurichten.
Von den partikulären Prozeßordnungen des 18. Jahrhunderts sind hervor-
zuheben der Codex juris Bavarici judiciarii von 1750, die Österreichische all-
gemeine Gerichtsordnung von 1781 und die Allgemeine Gerichtsordnung für
die preußischen Staaten von 1793. Während das bayerische und das österrei-
chische Gesetz sich im wesentlichen an das gemeine Recht anschlossen, ist die
preußische Prozeßordnung stark durch das zu jener Zeit in Ansehen stehende
Naturrecht beeinflußt. Sehr zahlreich sind die im 19. Jahrhundert erlassenen deut-
schen Prozeßgesetze. Die wichtigsten sind die Hannoversche allgemeine bürger-
liche Prozeßordnung von 1850, die Zivilprozeßordnung für die freie und Hanse-
stadt Lübeck von 1862, die Württembergische Zivilprozeßordnung von 1868
und die Bayerische Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von 1869.
Die im 19. Jahrhundert in Deutschland entstandenen Partikularrechte
stehen alle mehr oder weniger unter dem Einflusse des französischen Prozeß-
gesetzes (Code de procedure civile) vom Jahre 1806. Dieses Gesetzbuch war
in den deutschen Ländern, welche zur Zeit Napoleons dem französischen Reiche
angegliedert worden waren, eingeführt worden und in den linksrheinischen