Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

Systemd.Zivilprozeßrechts. III. DieVerhandlungsmaxime. IV, Der Beginn d. Prozesses. 209 
Sachverständige; solchen Beweis kann das Gericht auch von Amts wegen erheben. 
Erklärt der Beklagte dem Gerichte, daß er den vom Kläger erhobenen Anspruch 
als zu Recht bestehend anerkenne, so hat das Gericht nicht zu prüfen, ob dieser 
Anspruch wirklich zu Recht bestehe, sondern es hat auf Grund des Anerkennt- 
nisses nach dem Antrage des Klägers zu erkennen. Ebenso hat das Gericht 
zugunsten des Beklagten zu erkennen, wenn der Kläger vor Gericht auf den 
erhobenen Anspruch verzichtet. Mit der Verhandlungsmaxime ist es nicht un- 
vereinbar, daß das Gericht durch Fragen die Parteien zu Behauptungen und zu 
Beweisanerbietungen veranlaßt. 
Wesentliche Modifikationen in der Richtung zur Offizialmaxime erleidet Modifikationen 
das Verhandlungsprinzip im Eheprozeß, im Kindschaftsprozeß und im Ent- Verbandlungs 
mündigungsprozesse. Nicht bloß kann in solchen Prozessen der Staatsanwalt maxime. 
mit Anträgen, Behauptungen und Beweisführungen eingreifen, sondern auch 
dem Gerichte selbst stehen derartige Befugnisse zu. Der Grund zu diesen Modi- 
fikationen besteht darin, daß der Streitgegenstand dieser Prozesse nicht zur 
Verfügung der Parteien steht. 
Die Rechtsnormen, welche auf das von den Parteien unterbreitete Tat- Jura novit curia. 
sachenmaterial anzuwenden sind, brauchen die Parteien nicht zu bezeichnen; 
die Kenntnis und eventuell die Erforschung der anzuwendenden Rechtsnormen 
ist Sache des Gerichts. Dies gilt auch in Ansehung des etwa anzuwendenden 
ausländischen Rechtes. Eine die Offizialtätigkeit unterstützende Parteitätigkeit 
zum Zwecke der Ermittelung der Rechtsnormen ist insoweit nicht ausgeschlossen, 
als es sich um ausländisches Recht oder um inländisches Gewohnheits- oder 
Statutarrecht handelt. 
IV. Der Beginn des Prozesses. Der Prozeß beginnt mit einer Partei- 
handlung, in der der Rechtsschutz verlangt wird. Diese Parteihandlung heißt 
im ordentlichen Verfahren, im Urkunden- und Wechselprozeß, im Ehe- und 
im Kindschaftsprozesse Klage, im Mahnverfahren, im Arrest- und Verfügungs- 
prozesse Gesuch. 
Die Klage besteht in einem Schriftsatz. Im Anwaltsprozesse muß dieser Kıageform. 
Schriftsatz von einem Anwalte angefertigt sein; im Parteiprozesse kann er von 
der Partei selbst angefertigt oder dadurch hergestellt werden, daß die Partei 
die Klage durch den Gerichtsschreiber protokollieren läßt. In dem Schriftsatze 
sind das angegangene Gericht und die Parteien zu bezeichnen. Der Schriftsatz 
muß einen Antrag und die Begründung des Antrags enthalten. In dem An- 
‚trage muß gesagt werden, welches Urteil der Kläger verlangt. Je nach der Art 
des begehrten Urteiles (s. o. S. 203) ist die Klage eine Leistungsklage, eine 
Feststellungsklage oder eine Bewirkungsklage. In der Begründung muß gesagt 
sein, worauf sich die Klage stützt. Im Anwaltsprozesse muß die Klage die Ladung 
zur mündlichen Verhandlung enthalten; daher ist die Klageschrift zur Termins- 
bestimmung bei Gericht einzureichen. Im Parteiprozesse wird nach Einreichung 
oder Protokollierung der Klageschrift der Termin von Amts wegen bestimmt; 
die Ladung der Parteien ist durch den Gerichtsschreiber zu veranlassen. Die 
Kultur der Gegenwart. II. 8. 2. Aufl. 14
	        
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