Systemd.Zivilprozeßrechts. III. DieVerhandlungsmaxime. IV, Der Beginn d. Prozesses. 209
Sachverständige; solchen Beweis kann das Gericht auch von Amts wegen erheben.
Erklärt der Beklagte dem Gerichte, daß er den vom Kläger erhobenen Anspruch
als zu Recht bestehend anerkenne, so hat das Gericht nicht zu prüfen, ob dieser
Anspruch wirklich zu Recht bestehe, sondern es hat auf Grund des Anerkennt-
nisses nach dem Antrage des Klägers zu erkennen. Ebenso hat das Gericht
zugunsten des Beklagten zu erkennen, wenn der Kläger vor Gericht auf den
erhobenen Anspruch verzichtet. Mit der Verhandlungsmaxime ist es nicht un-
vereinbar, daß das Gericht durch Fragen die Parteien zu Behauptungen und zu
Beweisanerbietungen veranlaßt.
Wesentliche Modifikationen in der Richtung zur Offizialmaxime erleidet Modifikationen
das Verhandlungsprinzip im Eheprozeß, im Kindschaftsprozeß und im Ent- Verbandlungs
mündigungsprozesse. Nicht bloß kann in solchen Prozessen der Staatsanwalt maxime.
mit Anträgen, Behauptungen und Beweisführungen eingreifen, sondern auch
dem Gerichte selbst stehen derartige Befugnisse zu. Der Grund zu diesen Modi-
fikationen besteht darin, daß der Streitgegenstand dieser Prozesse nicht zur
Verfügung der Parteien steht.
Die Rechtsnormen, welche auf das von den Parteien unterbreitete Tat- Jura novit curia.
sachenmaterial anzuwenden sind, brauchen die Parteien nicht zu bezeichnen;
die Kenntnis und eventuell die Erforschung der anzuwendenden Rechtsnormen
ist Sache des Gerichts. Dies gilt auch in Ansehung des etwa anzuwendenden
ausländischen Rechtes. Eine die Offizialtätigkeit unterstützende Parteitätigkeit
zum Zwecke der Ermittelung der Rechtsnormen ist insoweit nicht ausgeschlossen,
als es sich um ausländisches Recht oder um inländisches Gewohnheits- oder
Statutarrecht handelt.
IV. Der Beginn des Prozesses. Der Prozeß beginnt mit einer Partei-
handlung, in der der Rechtsschutz verlangt wird. Diese Parteihandlung heißt
im ordentlichen Verfahren, im Urkunden- und Wechselprozeß, im Ehe- und
im Kindschaftsprozesse Klage, im Mahnverfahren, im Arrest- und Verfügungs-
prozesse Gesuch.
Die Klage besteht in einem Schriftsatz. Im Anwaltsprozesse muß dieser Kıageform.
Schriftsatz von einem Anwalte angefertigt sein; im Parteiprozesse kann er von
der Partei selbst angefertigt oder dadurch hergestellt werden, daß die Partei
die Klage durch den Gerichtsschreiber protokollieren läßt. In dem Schriftsatze
sind das angegangene Gericht und die Parteien zu bezeichnen. Der Schriftsatz
muß einen Antrag und die Begründung des Antrags enthalten. In dem An-
‚trage muß gesagt werden, welches Urteil der Kläger verlangt. Je nach der Art
des begehrten Urteiles (s. o. S. 203) ist die Klage eine Leistungsklage, eine
Feststellungsklage oder eine Bewirkungsklage. In der Begründung muß gesagt
sein, worauf sich die Klage stützt. Im Anwaltsprozesse muß die Klage die Ladung
zur mündlichen Verhandlung enthalten; daher ist die Klageschrift zur Termins-
bestimmung bei Gericht einzureichen. Im Parteiprozesse wird nach Einreichung
oder Protokollierung der Klageschrift der Termin von Amts wegen bestimmt;
die Ladung der Parteien ist durch den Gerichtsschreiber zu veranlassen. Die
Kultur der Gegenwart. II. 8. 2. Aufl. 14