Zeugen.
Sach-
verständige.
Urkunden.
216 LOTHAR voN SEUFFERT: Zivilprozeßrecht.
Zeuge ist, wer über die Wahrnehmung von Tatsachen aussagen soll. Die
Befähigung zur Zeugenschaft kommt jeder Person zu, die wahrnehmungs- und
aussagefähig ist. Die Parteien können nicht Zeugen sein, ebensowenig der prozeß-
führende gesetzliche Vertreter einer Partei. Zum Zeugnisse verpflichtet ist, wer der
inländischen Gerichtsgewalt unterliegt; also sind nicht nur Inländer, sondern auch
Ausländer, die sich im Inland aufhalten, zeugnispflichtig, es sei denn, daß sie, wie
z. B. die Gesandten eines ausländischen Staates, das Recht der Exterritorialität
genießen. Die Zeugnispflicht umfaßt die Verpflichtung, auf Vorladung bei Ge-
richt zu erscheinen, vor Gericht über seine Wahrnehmungen auszusagen und
seine Aussage durch Eid zu bekräftigen. Das Gericht kann die Erfüllung der
Zeugnispflicht durch Geldstrafe, zwangsweise Vorführung und durch die An-
ordnung erzwingen, daß der Zeuge bis zur Ablegung des Zeugnisses in Haft zu
nehmen sei. Übrigens bestehen in Ansehung der Zeugnispflicht zahlreiche Aus-
nahmen. Gewisse den Parteien nahestehende Personen (Verwandte und Ver-
schwägerte bis zu einem bestimmten Grade, der Ehegatte und der Verlobte),
ferner Personen, denen eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit obliegt, können
das Zeugnis verweigern. Die Antwort auf einzelne Fragen kann verweigert
werden, wenn die Antwort den Zeugen oder seinen Angehörigen am Vermögen
oder an der Ehre schädigen oder ihn der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen
würde. Ein Streit über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung ist durch
Zwischenurteil zu entscheiden. Regelmäßig sind die Zeugen zu beeidigen. Doch
gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen, die teils auf der Persönlichkeit des
Zeugen, teils auf dessen Beziehungen zu den Parteien beruhen. Die Beeidigung
erfolgt seit der Novelle von 1909 erst nach der Vernehmung.
Sachverständige sind Personen, die über Fragen, zu deren Beantwortung
eine besondere Sachkunde gehört, ihre Ansicht äußern sollen. Insofern sie dem
Richter mit ihrer Sachkunde zu Hilfe kommen, kann man sie als Richtergehilfen
bezeichnen. Die Wahl und die Ernennung der Sachverständigen steht dem
Gerichte zu; die Parteien haben bloß ein Vorschlagsrecht. Ein Sachverständiger
kann aus denselben Gründen wie ein Richter abgelehnt werden. Die Verpflichtung,
ein Sachverständigengutachten zu erstatten, geht nicht so weit wie die Zeugnis-
pflicht; sie beschränkt sich auf die von Staats wegen ernannten Sachverstän-
digen und auf Personen, die von ihrer Fachkunde zu Erwerbszwecken Gebrauch
machen oder dazu approbiert sind. Die Sachverständigen werden nach Erstattung
des Gutachtens beeidigt.
Urkunde ist eine Sache, mittels deren eine Gedankenäußerung fixiert ist.
Das gewöhnliche Fixierungsmittel ist die Schrift. Wurde die Urkunde von einer
Behörde oder von einer Urkundsperson (Notar, Gerichtsschreiber usw.) innerhalb
ihrer Zuständigkeit formgerecht ausgestellt, so ist sie eine öffentliche Urkunde,
im Gegensatz zur Privaturkunde. Der Beweisführer hat die Urkunde dem
Gerichte vorzulegen. Befindet sich die Urkunde im Besitze des Gegners, so
kann der Beweisführer von diesem die Vorlegung verlangen, wenn sich aus dem
bürgerlichen Recht eine Verpflichtung dazu ergibt. Über die Vorlegungspflicht
des Gegners kann ein Zwischenstreit entstehen. Kommt der Gegner der gericht-