Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

Versäumnis- 
urteil. 
Einspruch gegen 
das Versäumnis- 
urtell. 
Prozeßkosten. 
Urteilsfällung. 
220 LOTHAR VON SEUFFERT: Zivilprozeßrecht. 
erschienen waren, so ist es ein kontradiktorisches Urteil. Wird es auf Grund 
einer Verhandlung gefällt, zu der nur eine Partei erschienen war, so ist es ein 
Versäumnisurteil, soweit es auf Grund einer Versäumnisfolge ergeht. Zwar 
besteht im modernen Rechte keine direkte Verpflichtung der Parteien zum Er- 
scheinen vor Gericht; aber die Partei, welche in dem zur Verhandlung bestimmten 
Termine nicht erscheint, erleidet gewisse Rechtsnachteile (Versäumnisfolgen). 
Dem Nichterscheinen steht das Nichtverhandeln gleich. Erscheint der Kläger 
nicht, so wird auf Antrag ein Sachurteil erlassen, worin dem Kläger das geltend 
gemachte Recht aberkannt wird. Erscheint der Beklagte nicht, so bedürfen 
die Tatsachenbehauptungen des Klägers keines Beweises, weil sie nicht be- 
stritten sind (Fiktion des Zugeständnisses). Das Gericht hat zu prüfen, ob sich 
aus diesen Behauptungen die Rechtsfolgen ergeben, welche der Kläger für sich 
in Anspruch nimmt. Soweit die Behauptungen den Klagantrag rechtfertigen, 
ist nach dem Antrage zu erkennen, soweit dies nicht der Fall ist, ist die Klage 
abzuweisen. Mit dem Grundsatze der Einheit der Verhandlung (s. o. S. 211) 
hängt es zusammen, daß diese Versäumnisfolgen auch gegen eine Partei ein- 
treten, die in einem früheren Termine schon verhandelt hatte. Übrigens hat das 
Versäumnisurteil zunächst nur provisorische Bedeutung. Es kann durch Ein- 
spruch angefochten werden, ohne daß die frühere Versäumnis entschuldigt zu 
werden braucht. Die Einspruchsfrist beträgt im Verfahren vor den Amts- 
gerichten eine Woche, im Verfahren vor den anderen Gerichten zwei Wochen. 
Die Frist beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. Die Einlegung 
des Einspruchs erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes. Bei dem Amts- 
gericht kann der Einspruch auch zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt 
werden. Stellt sich die säumige Partei zu der neuen Verhandlung ein, so wird 
der Prozeß in die Lage zurückversetzt, in welcher er sich vor der Versäumnis 
befand. Unstatthaft ist ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten im Eheprozeß, 
im Kindschaftsprozeß und im Entmündigungsprozeß, weil sonst auf dem Um- 
wege des Versäumnisverfahrens dem Gerichte die Prüfung der Tatsachenbehaup- 
tungen des Klägers entzogen werden könnte. 
In dem Endurteil ist auch über die Kosten des Prozesses zu entscheiden. 
Die Kosten sind der unterliegenden Partei aufzuerlegen, auch wenn sie kein 
Verschulden trifft. Die Verurteilung in die Kosten begründet die Verpflichtung, 
dem Gegner die Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden 
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Wenn jede Partei 
teils siegt, teils unterliegt, sind die Kosten entweder aufzuheben, so daß keine 
Partei der anderen Kosten zu erstatten hat, oder sie sind verhältnismäßig zu 
verteilen. 
Das Urteil kann nur von den Richtern gefällt werden, welche der maß- 
gebenden Verhandlung beiwohnten. Bei den Kollegialgerichten findet geheime 
Beratung statt. Die Entscheidung erfolgt nach absoluter Stimmenmehrheit. 
Das Urteil ist zu verkünden und niederzuschreiben. Das schriftliche Urteil 
enthält außer der Entscheidung eine Darstellung des Prozeßverlaufs (Tat- 
bestand) und die Gründe der Entscheidung. Nur Versäumnisurteile und An-
	        
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