System des Zivilprozeßrechts. IX. Die Zwangsvollstreckung. 225
Gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte findet seit der Novelle von 1909
keine Beschwerde statt.
Nichtigkeitsklage ist zulässig wegen der schwersten Verletzungen des Nichtigkeits-
Prozeßrechts, nämlich wenn das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt oder
wenn die Partei, auf deren Namen das Urteil lautet, nicht nach Vorschrift der
Gesetze vertreten war.
Restitutionsklage ist zulässig, wenn das Urteil durch eine strafbare Restitutions-
Handlung der Partei, eines Zeugen oder Sachverständigen (Falscheid, Urkunden- "**
fälschung usw.) oder durch Verletzung der richterlichen Amtspflicht (Rechts-
beugung) beeinflußt, ferner wenn sich das Urteil auf ein nachträglich aufge-
hobenes Strafurteil gründet, und wenn die Partei ein früheres Urteil oder eine
für den Prozeß maßgebende Urkunde nachträglich aufgefunden hat.
Die Nichtigkeits- und die Restitutionsklage sind an eine Monatsfrist ge-
bunden, die mit der Kenntnis des Anfechtungsgrundes beginnt. Sind fünf
Jahre nach Eintritt der formellen Rechtskraft verflossen, so kann nur noch
die Nichtigkeitsklage wegen Mangels der Parteivertretung erhoben werden. Für
die Klagen ist grundsätzlich das Gericht zuständig, dessen Entscheidung an-
gefochten wird, aber gewisse Restitutionsklagen, die sich gegen Urteile der
Revisionsinstanz richten, sind dem Berufungsgerichte zugewiesen.
Di. Die Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung bezweckt, Zwans-
demjenigen, der ein Recht auf eine Leistung (Tun oder Unterlassen) hat, auf vollstreckung.
dem Wege direkten oder indirekten Zwanges zur Durchsetzung seines Rechtes
zu verhelfen. Die Zwangsvollstreckung erfolgt teils durch die Gerichtsvollzieher,
teils durch die Gerichte. Soweit die Vollstreckung durch die Gerichtsvollzieher
erfolgt, kann der Vollstreckungsbedürftige (Gläubiger) den Gerichtsvollzieher
ohne Vermittelung des Gerichts um die Vollstreckung angehen.
Zu jeder Vollstreckung ist eine Urkunde erforderlich, aus der die Berech- Vollstreckungs-
tigung des Gläubigers zur Betreibung der Vollstreckung hervorgeht (Voll- Kiel
streckungstitel). Vollstreckungstitel ist das eine Verurteilung aussprechende
Urteil, wenn es formell rechtskräftig ist (s. o. S. 221). Unter gewissen Voraus-
setzungen kann ein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt werden; dann
kann es schon vor Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden. Außer dem
Urteile kommen als Vollstreckungstitel in Betracht Beschlüsse, die einen voll-
streckbaren Inhalt haben, insbesondere Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Voll-
streckungsbefehle im Mahnverfahren, gerichtliche Vergleiche und gerichtliche
oder notarielle Urkunden, in denen ein Anspruch auf Leistung einer bestimmten
Quantität von vertretbaren Sachen und die Unterwerfung des Schuldners unter
die sofortige Zwangsvollstreckung beurkundet ist.
Ein Anspruch auf Geldleistung wird in das Vermögen des Schuldners voll- Vollstreckung
streckt. Was zum Vermögen des Schuldners gehört, ergibt sich aus dem bürger- Geldansprüchen.
lichen Rechte. Übrigens sind gewisse Gegenstände (Sachen und Rechte) der
Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise entzogen, um eine völlige Kahlpfändung
oder die völlige Lahmlegung der Erwerbstätigkeit des Schuldners zu verhindern.
Kultur der Gegenwart. II. 8. 2. Aufl. 15