Ausmessung der
Strafe innerhalb
des Straf-
rahmens.
Strafaufbebungs=
gründe.
250 FRANZ voN Liszt: Strafrecht und Strafprozeßrecht.
durch Anwendung von Sprengstoffen, wenn durch die Handlung der Tod eines
Menschen herbeigeführt worden ist und der Täter einen solchen Erfolg hat
voraussehen können; 4. gegen die Veranstalter und Anführer eines zum Zweck
des Sklavenraubes unternommenen Streifzuges, wenn durch diesen der Tod
einer der Personen, gegen welche der Streifzug unternommen war, verursacht
worden ist.
Als Freiheitsstrafen unterscheidet das Gesetz Zuchthaus, Gefängnis,
Festungshaft und Haft. Die Festungshaft ist als nicht entehrende Strafe vor
allem bei politischen Delikten (auch bei Majestätsbeleidigung) und bei Zwei-
kampf angedroht; sie besteht in einfacher Freiheitsentziehung. Auch mit der
Haft ist Arbeitszwang regelmäßig nicht verbunden, soweit sie nicht als ‚‚quali-
fizierte‘‘ Haft gegen Bettler, Landstreicher, Dirnen und ähnliche Personen zur
Anwendung kommt. Zuchthaus und Gefängnisstrafe charakterisieren sich
dadurch, daß bei ihnen mit der Freiheitsentziehung der Arbeitszwang verbunden
ist; im Strafvollzug ist der Unterschied zwischen diesen beiden Arten der Frei-
heitsstrafe so gut wie völlig verschwunden.
Die Geldstrafe steigt von einer Mark (bei Übertretungen) bis zu 500000 Mark
(im Kalisalzgesetz von 1910); die uneinbringliche Geldstrafe wird in Freiheits-
strafe umgewandelt.
Zu den Nebenstrafen gehören: die vollständige oder teilweise Aberkennung
der bürgerlichen Ehrenrechte, die Stellung unter Polizeiaufsicht, die Anhaltung
im Arbeitshaus (sog. korrektionelle Nachhaft) und die Ausweisung aus dem
Bundesgebiet, die aber nur Ausländern gegenüber zulässig ist.
b) Die Strafdrohungen der Reichsgesetzgebung sind, von ganz vereinzelten
Ausnahmen abgesehen (so bei Todesstrafe), als Strafrahmen gestaltet; d.h.
der Gesetzgeber bestimmt dem Richter nur das Mindest- und das Höchstmaß
der anzuwendenden Strafart (etwa Gefängnis von einem Tag bis zu drei Jahren;
oder Zuchthaus von drei bis zu zehn Jahren), so daß die Strafe für den konkreten
Fall innerhalb dieses Spielraumes ausgeworfen werden muß. Meist werden dem
Richter sogar zwei, drei oder vier Strafarten, jede mit einem Spielraum zwischen
dem Höchst- und dem Mindestmaß, zur Verfügung gestellt. Dazu tritt bei den
meisten, nicht bei allen Delikten, die Zulassung mildernder Umstände. Über
die Strafzumessung selbst enthält sich der Gesetzgeber jeder Angabe; als all-
gemeine Regel wird man festhalten können, daß im Sinne unseres geltenden
Rechtes die Strafe nach der objektiven Schwere des angerichteten Schadens
und nach der Intensität der verbrecherischen Schuld bemessen werden soll.
Mildere Strafrahmen schreibt der Gesetzgeber vor für Jugendliche, bei Versuch
(gegenüber der Vollendung) und bei Beihilfe (gegenüber der Täterschaft). Straf-
schärfung ist nur bei einzelnen Delikten vorgesehen; auch der wiederholte Rück-
fall bildet keinen allgemeinen Schärfungsgrund.
c) Die durch die Tat verwirkte Strafe kann ausnahmsweise durch später
eintretende Umstände wieder aufgehoben werden. Zu den Strafauf-
hebungsgründen gehört die Begnadigung, die aber reichsrechtlich nur insoweit
geregelt ist, als sie dem Kaiser für gewisse Fälle (bei Urteilen des Reichsgerichts