Ill. Kirchenmitgliedschaft. 297
in Bayern, Mecklenburg-Schwerin, Gotha). Sodann in der gesetzlichen
Nachfolge aller Kinder in die Konfession des Vaters (so primär im Preuß.
Landrechtsgebiet und in den westlichen Provinzen, Nassau, S.-Weimar mit
Bestimmungsrecht zugunsten der Mutter, ebenso in Schwarzburg-Sonders-
hausen; event. in Württemberg mit Verzichtsrecht zugunsten der mütterlichen
Religion, ferner Frankfurt a. M., Sachsen, Waldeck, Lippe, Baden, Braun-
schweig, S.-Meiningen, Lübeck; subevent. in Holstein). Diese Rechtszer-
splitterung ist überaus bedenklich und bedauerlich. Allerdings wollte ihr der
sog. Toleranzantrag von 1900 durch einen Vorschlag einheitlicher Regelung
abhelfen. Aber diese Gelegenheit des Versuchs einer reichsgesetzlichen Regelung
der Religionsfreiheit war nicht die geeignete. Religionsfreiheit ist eine falsche
und politisch gefährliche Flagge für diese Frage des bürgerlichen Rechtes. Sie
ist für eine erstmalige Revision des B. G. B. zurückzustellen. Über das materielle
Prinzip selbst kann man billig verschiedener Ansicht sein. Vertragsfreiheit mit
eventueller Teilung der Kinder nach dem Geschlecht der Eltern erachte ich für
die mangelhafteste, gesetzliche Nachfolge in die Konfession des Vaters mit
billigen Ausnahmen zugunsten der Konfession der Mutter für die erreichbar
beste Lösung.
2. Die Wirkung der Kirchenmitgliedschaft äußert sich in Rechten und kg Ser
Pflichten. gliedschaft.
Die Rechte der Kirchenglieder sind teils unmittelbar in ihrer Kirchen- rechte.
mitgliedschaft begründet, teils stellen sie sich als Reflexwirkungen der gleich-
zeitigen Staatsangehörigkeit der Kirchenglieder dar.
Die Rechte der ersteren Art, der Kirchenglieder als solcher lassen sich
in allgemeine und in besondere unterscheiden. Die allgemeinen erschöpfen
sich in der auf Grund des Eintrittes in die Kirche allen Kirchengliedern zu-
stehenden Befugnis zur Teilnahme an den kirchlichen Gnadenmitteln, an
Gottesdienst, Sakramentsverwaltung und allen Anstalten und Veranstaltungen
zur Pflege des kirchlichen Lebens, Seelsorge, kirchlicher Armenpflege usw.
Während aber die katholische Kirche die Befugnisse zur Teilnahme an den
Gnadenmitteln virtuell bereits mit der in ihr empfangenen Taufe eintreten
läßt, ist nach evangelischer Kirchenordnung die aktive Gemeindemitgliedschaft
und insonderheit die Teilnahme am Sakrament des Abendmahls an die erst
mit der Konfirmation zwischen dem 14. und 16. Lebensjahre erreichte kirch-
liche Mündigkeit geknüpft. Die Gestaltung des Konfirmationsaktes selbst,
namentlich mit Rücksicht auf die dem Gewissensrecht genügende Elastizität
des dem Konfirmanden abzunehmenden Gelübdes ist eine innerkirchlich
liturgische Frage, deren Lösung zurzeit die kirchlichen Kreise lebhaft bewegt.
Die besonderen Rechte der Kirchenglieder fassen sich zusammen in dem
Besitze des kirchlichen Bürgerrechts. Es steht nur den nach Alter, Ge-
schlecht und anderen Eigenschaften besonders qualifizierten Kirchengliedern
zu. Es äußert sich vornehmlich in der Fähigkeit zur Bekleidung kirch-
licher Ämter sowie in der aktiven und passiven Wahlfähigkeit zu den
Vertretungen der Kirchengemeinden und Synoden. Im Gebiete des katho-